In der geistigen Auseinandersetzung gibt es nichts essentiell Apodiktisches. Niemand ist so mächtig, daß er ungerügt apodiktisch auftreten könnte, denn die Grundlage jeder Meinungsäußerung ist das Argument. Und das Argument ist nur dann ein Argument, wenn es falsifizierbar ist. Kugelsichere Argumente gibt es nicht.
Deshalb ist jede Aussage, die wir machen und implizit oder explizit argumentativ unterfüttern, letztlich nichts weiter als eine mehr oder weniger plausible Hypothese, darauf wartend, daß ein Kritiker mit einem Argumentationsgewehr daherkommt und unsere Argumentation in Stücke schießt oder einer mit einem Lappen die Schminke abwischt, wenn unsere Argumente zu dünn sind.
Aber nun dem Argumentierenden apodiktisches Verhalten vorzuwerfen, weil man gerade kein Gewehr oder keinen Lappen zur Hand hat, das ist doch ein wenig zu dürftig und reicht nicht zur Falsifizierung einer Argumentation aus.
Wer selber kraftvoll und stringent argumentiert, braucht keine Angst zu haben vor apodiktisch auftretenden Geistesgrößen, denn diese Großen erscheinen uns oftmals nur deshalb groß, weil sie so viele Zwerge um sich herum versammeln, die selber nicht die Kraft zum Denken haben und sich demzufolge an den vermeintlichen Denkriesen anhängen, um selbst größer zu erscheinen.
Entscheidend ist die Qualität der Argumentation. Und wenn unsere Argumente den anderen nicht standhalten, dann sollten wir uns nicht ärgern, sondern freuen, denn wir haben wieder was dazugelernt.
Wir können aber auch anfangen, zu spucken und zu treten, wie das so häufig geschieht. Aber dann dürfen wir uns nicht wundern, daß uns das nicht weiterbringt im Denken, denn wenn der Kopf mit Spucken beschäftigt ist und die Füße mit Treten, haben wir keine Gelegenheit, uns hinzusetzen und nachzudenken.
Aber manchmal ist uns eben mehr nach Spucken und Treten, das kennt ja jeder. Nur, was bringt uns das? Am Ende doch nur Beschämung. Und sei es vor uns selbst.