Sei wie ein Schwan

Sei wie ein Schwan im weißen Wasser
so gleite durch den Strom der Zeit
spür in den Wellen den Verfasser
des dunklen Rätsels Ewigkeit

hör in der Tiefe Rabenstimmen
fremder Gestalten Klagelaut
laß dich von Charons Brut umschwimmen
und fühl die kalte Schlangenhaut

schau in dir in die fernste Ferne
und bleibe immer nah bei dir
alleine in der Allzisterne
allein mit dir und mir und ihr.

So gleite lautlos durch die Weiten
des zeitgekrümmten Wellenraums
im Spiel der wirbelnden Gezeiten
im Innern deines Lebenstraums

Utopie als Heilserwartung

Wenn die chiliastischen Vorstellungen, die allen religiösen Fata Morganen zugrunde liegen, säkularisiert werden, entsteht als weltliche Variante die politische Utopie. Beide speisen sich aus eschatologischen Auffassungen von der Geschichte als Verwirklichung eines Telos.

Das führt zum Streben nach Tausendjährigen Reichen und ist das Gegenteil von Freiheit. Gesellschaftliche Utopie begreift den einzelnen lediglich als Hülle einer Entelechie und nicht als individuelles Wesen. Das ist der Grund, weshalb politische Utopie, sobald man mit ihrer Verwirklichung beginnt, rasch menschenfeindliche Züge annimmt und manchmal in Barbarei endet. Wenn der Zweck die Mittel heiligt, wird die Heilserwartung zum Unheil.

Ein paar Worte zur Utopie

Der Mensch braucht Utopien, um sich darüber hinwegzutäuschen, wie er tatsächlich ist, und er braucht Utopien, um seine Bosheit zu rechtfertigen, die der eigentliche Antrieb ist, der ihn in Schwung bringt. Hat er eine Utopie, so macht er daraus eine Ideologie, deren es bedarf, um vorzutäuschen, man wolle eine Utopie verwirklichen. In Wirklichkeit strebt man nur nach Macht über die andern.

Man muß schon mit Hegel an die Vernunft der Geschichte glauben, um die Unvernuft der Geschichte zu übersehen, die man durch den Glauben an die Vernunft der Geschichte erst hervorgebracht und nach Kräften gefördert hat.

Die Utopie des Esels ist eine Gesellschaft, in der ein andrer seine Lasten trägt: Utop-ia.

Ein anzustrebender Zustand wäre einer, an dem keine Veranlassung mehr bestünde, utopische Vorstellungen zu entwickeln. Doch das ist – leider – Utopie.

Zwischen den Stühlen

Von jemandem, der zwischen allen Stühlen sitzt, sagt man, er sei in einer unangenehmen Lage. In mancher Hinsicht mag das zutreffen. So leidet ein solcher Mensch vielleicht häufiger als andere an einem kalten Hintern und wird unfreiwillig Experte für extremste Formen von Hyperhidrosis pedis. Doch all das wird durch etwas aufgewogen, was denen auf den Stühlen notwendigerweise abgeht: Bodenhaftung.

Nutzlosigkeit

Dieser lächerliche Versuch einiger Osho-Imitatoren, die Vernunft und alles logische Denken als Funktion des Egos madig zu machen und ihre »Nutzlosigkeit« festzustellen. Dabei ist der Begriff »Nutzen« erst durch die Vernunft in die Welt gekommen. Wenn der Esoteriker nun von »Nutzen« und »Nutzlosigkeit« spricht, muß er, wenn das nicht nur wahnhaftes Geschwätz sein soll, immer die vernunftlogischen Meßgeräte in der Tasche haben, um die von ihm behauptete Nutzlosigkeit überhaupt wahrnehmen und darstellen zu können.

Der Nutzen der Lehre von der Nutzlosigkeit des Denkens ist ohne die Vernunft nicht feststellbar, mit Hilfe der Vernunft festgestellt, ist sie jedoch gleichzeitig widerlegt. Ein paradoxes Phänomen.

Der einzige Esoteriker, der auf mich überzeugend wirkt, ist still, lächelt vor sich hin und singt hin und wieder ein Liedchen.

Mehr Rücksicht beim Gehwegverkehr

Gestern in den späten Abendstunden habe ich, ich muß es gestehen, einen harmlosen Fahrradfahrer gefährdet und wahrscheinlich zu Tode erschreckt, weil ich ein wenig in Gedanken war und meiner Sorgfaltspflicht im Straßenverkehr deshalb nur unzureichend nachgekommen bin.

Glücklicherweise ist nichts wirklich Schlimmes passiert, denn meine Reflexe sind offensichtlich noch so gut, daß ich rechtzeitig stand, bevor ich mit dem Radfahrer zusammenstoßen konnte. So blieb er ohne Blessuren und konnte seine Fahrt, wenn auch verständlicherweise ein wenig erbost, fortsetzen. Daß ich ihm außerordentlich dankbar bin, von ihm, wie das ansonsten mittlerweile Usus ist, weder direkt als Idiot beschimpft noch durch besondere Fingerzeichen, die im Straßenverkehr heute an der Tagesordnung sind, in meiner Würde herabgesetzt zu werden, versteht sich von selbst.

Dieser Radfahrer ist zu bedauern, denn er muß wahrscheinlich das ganze Jahr über diese schmutzig-dunkle Kleidung tragen, weil er sich hellere neue nicht leisten kann, und sicherlich aus denselben Gründen auf die Freuden der Fahrradbeleuchtung verzichten, denn wir wissen doch alle, wie teuer Reparaturen sind. Und dann ist solch ein armer Tretsklave ständig noch mit gedankenlosen Fußgängern wie mir konfrontiert, die glauben, sie könnten einfach eine Straße überqueren, ohne an die Radfahrer zu denken, und sich damit herausreden wollen, sie hätten keinen Radfahrer kommen sehen, und außerdem habe die Fußgängerampel Grün gezeigt, und darauf hätten sie sich verlassen. Als wüßten sie nicht, daß Radfahrer, ähnlich den Taxifahrern, ausdrücklich von der Beachtung dieser diktatorischen Lichtzeichen freigestellt sind. Ampeln gelten natürlich nicht für alle, schon gar nicht für Radfahrer!

Mein Appell an alle Fußgänger: Nehmt mehr Rücksicht auf schwächere Verkehrsteilnehmer wie Radfahrer, vor allem, wenn diese Zebrastreifen queren oder und auf Fußwegen unterwegs sind.