Monogamie und Beziehung

Viele Beziehungen scheitern. Man ist auf der Suche nach den Gründen. Michèle Binswanger will die Hauptursache gefunden haben: falsch verstandene Treue und Monogamie. Willkommen in den sechziger Jahren. Nur, was damals notwendig war, um verkrustete Strukturen aufzubrechen, wirkt heute ein wenig lebensfremd, weil wir inzwischen in einer Gesellschaft leben, die offener ist und freier als die damalige und die gelernt hat, daß nicht alles, was natürlich scheint, auch wünschenswert und zivilisatorisch integrierbar ist.

Ich finde sie gelinde gesagt merkwürdig, diese Argumentationen, die bestimmte Teile unserer genetischen Disposition anerkennend werten, andere Teile jedoch nicht. Mag ja sein, daß Monogamie eine „junge Erscheinung“ ist. Das gilt aber auch bei der Körperpflege zum Beispiel, da gibt es auch einige „junge“ Erscheinungen, oder bei der Gewohnheit, seinem Gegenüber nicht gleich den Schädel einzuschlagen, wenn uns dessen Gesicht nicht paßt. Auch werfen wir unsere Kinder heute nicht mehr einfach auf den Mist, wenn sie mißgebildet zur Welt kommen. Unsere Gesellschaft zeichnet sich durch die ein oder andere zivilisatorische Errungenschaft aus.

Ich selbst halte Treue in der Beziehung und damit Verläßlichkeit für wichtig, und deshalb sollten Mann wie Frau sich ordentlich sexuell ausleben, bevor sie eine richtige Bindung eingehen. Und man sollte sich einen Partner suchen, der auch sexuell zu einem paßt – nicht nur in bezug auf gesellschaftliche Stellung, Image und Bankkonto, wie das gern gemacht wird.

Aber die Wegwerfgesellschaft, die sich durchgesetzt hat, wirkt sich auch auf Beziehungen aus. So wie man alle naselang ein neues Auto zu brauchen glaubt oder andere Novitäten, so meint man auch etwas zu verpassen, wenn man nicht jede Gelegenheit zum Fremdvögeln wahrnimmt. Das, was man hat, weiß man nicht mehr wirklich zu schätzen. Das ist der Fluch der Überflußgesellschaft, der in überzogenen Ansprüchen und Erwartungen kulminiert, was der Hauptgrund dafür ist, daß so viele Beziehungen kaputtgehen.

Der Mann in der Natur

Wann ist der Mann ein Mann? Wenn er die Männlichkeit anderer in Frage stellt und glaubt, durch Kernseife und Büschel unter den Armen würde einer kernig, dann ist er von Maskulinität weit entfernt, und wenn er sich fragt, was Frauen männlich finden, und sich deren Männlichkeitsbildern anzunähern trachtet, dann ist der Mann kein Mann mehr. Auch zuviel Marlboro-Reklame, die immer noch im Kopf rumspukt, kann schädlich sein.

Die Natur ist weiblich und fühlt, daß sie will, aber sie weiß nicht so recht, was sie will. Deshalb probiert sie so vieles aus. Der Mann ist dabei nichts besonders Erwähnenswertes. Was die Arterhaltung betrifft, so ist die Natur durchaus bereit, die eine oder andere Art, die sich aus ihrer Sicht nicht bewährt hat, aufzugeben.

Die Frau

Was die Frau dem Mann über ihre strukturelle Beschaffenheit mitteilt, ist gleich Null. Männer bilden sich ein, die Strukturen, die sie finden (wenn sie denn welche finden), sagten ihnen etwas über den »Bauplan« der Frau; dabei betrachten die Männer nichts weiter als die Strukturen ihres eigenen Denkens, die ihnen von ihren »Forschungsgegenständen« entgegenblinken.

Frauen sind mit Spiegeln umstellt, undurchdringlich für den Blick des Mannes. Er sieht immer nur die Reflexion seines eigenen Denkens, kann gar nichts anderes sehen. Wenn er doch nur begriffe, daß er die Oberfläche der Frau betrachtet, wenn er glaubt, in ihre Geheimnisse eingedrungen zu sein.

Umgekehrt gilt natürlich (fast) das gleiche.