Wenn im Dornbusch
das Herz verbrennt
flüstert die Nacht
fromme Lieder
so still wie
der Tau
Tag: 16. Juni 2018
Unbewußte Selbstkritik
Manche Menschen verkörpern selbst genau das, was sie so vehement kritisieren. So gehen sie naßforsch und rücksichtslos gegen vermeintlich naßforsches Verhalten und Rücksichtslosigkeit vor und merken nichts dabei, denn ihrem eigenen Verhalten gegenüber scheinen sie blind zu sein.
Und sie sind durch nichts zu bremsen in ihrer Empörung und wilden Entschlossenheit, auf sich aufmerksam zu machen, und hören nicht mal dann auf, wenn ihre Worte so gar nicht mehr klar, sondern durch ihren schaumigen Mund bereits zur Unkenntlichkeit entstellt sind und alle andern nur noch den Kopf schütteln.
Man ist dann leicht geneigt zu sagen: Der muß es nötig haben. Ja, der hat es nötig, und sein Unbewußtes versucht auf diesem ungewöhnlichen Weg der Projektion, eine Situation zu schaffen, die nach einer Weile dafür sorgen wird, daß wenigstens ein Hauch von Selbstzweifel in das empörte Gemüt einsickert, was schlußendlich vielleicht doch einmal Einsicht erzwingen könnte. Und es ist leider (?) so: Erzwingen kann man Einsicht bei sich selbst nur selber.
Zeitlose Zeit
Wenn die Uhren
denken könnten
würden sie sprechen
Wenn die Uhren
fühlen könnten
würden sie schreien
Wenn die Uhren
denken und fühlen könnten
würden sie schweigen
Wenn die Uhren
schweigen könnten
wäre es still auf der Welt
Wenigstens für eine Weile
Buße
Nichts ohne Schuld
in Ketten gelegt
die Meere Steinereißer
aus Uferwacht
verurteilt
das Urteil
der Zeit
Maskenschutz
Kein gutes Wort
das deine Wangen härtet
kein gutes Lächeln
das die Lippen reizt
kein Augenblick
der nicht bewertet
in Selbstentleerung
sich im Spott
feist spreizt.
Der Papst stirbt
Wie Schattenlichter
das Blitzen
entfremdeter Tod.
Die Welt beugt sich
laut über
das fremde Sterben
für dich
in den zeitlosen Säulen
das kalte
Steinegestrüpp.
Die Massen
auf den Plätzen
der endlosen
Wahngewalten.
Und zum
Schluß nur
ein Name mehr
auf der Tafel
der verruchten
Stellvertretergestalten.
Eine Blume aus Stein
im Fenster
der Glockentänze.
Ein Name nur
der Vergeblichkeit.
Kein Trost
im Gewühl.
Nur gefiederte
Worte
2005
Existenz
Kein wahrhaft tiefer Gedanke über die menschliche Existenz, ja die Existenz generell, kommt ohne das Gefühl des Erschreckens in unseren Kopf.
Geschenk
Im eisigen Schneestein
der zeitlichen Weiten
torkeln vermummte Gestalten
wie hungrige Raben
mit flehenden Armen
und zittrigen Händen
in Aschengewändern.
Sie rufen nach Warmem
und betteln um Gnade
zertreten die Waagen
zerreißen die Roben
zerbrechen die Tafeln
und sprechen
das Wort vor sich hin:
Kein Recht für
das Recht.
Nur gerechte
Begnadung
Manchmal
Manchmal ist die Krankheit das Medikament.
Manchmal ist Krankheit das beste Medikament gegen Krankheit.
Manchmal ist Krankheit das beste Medikament gegen falsch verstandene Gesundheit.
Manchmal ist Krankheit der Weg zur Gesundheit.
Bild im Spiegel
Immer wieder Spiegel. Und der Blick hinein. Wenn die Eitelkeit in den Spiegel hineinschaut, kann nicht die Erkenntnis herausschauen. Vielleicht hilft dir ein mutiger Sprung hinein in dein gläsernes Ich.