Schule des Schreibens

»Lieben Sie gute Filme und Sie wollten schon immer mal ein interessantes Drehbuch dafür schreiben? Einmal nur die Handlung einer fiktiven Geschichte selbst beeinflussen? Das muss kein Traum mehr bleiben!

Der Markt bietet eine Menge schlechter Drehbuchvorlagen. Das liegt oft nicht am fehlenden Talent, sondern daran, dass den kreativen Köpfen die richtige Ausbildung dafür fehlt. Zeit dass sich daran etwas ändert! Vielleicht sind Sie ja ein unentdecktes Talent und wissen es nur noch nicht?

Entdecken Sie Ihre Talente als Drehbuchautor mit einem Fernstudium der ›Schule des Schreiben‹. In insgesamt 6 speziellen Schreibkursen, erlernen Sie ganz ohne den üblichen Zeitdruck die hohe Schule des anspruchsvollen Schreibens. Während Ihrer gesamten Studienzeit werden Sie persönlich von fachkompetenten Studienlehrern betreut.

Denken Sie an Ihre Zukunft und nutzen Sie Ihre Chance!«

Soweit die »Schule des Schreiben(s)«, die vorgibt, Menschen gegen nicht unerhebliche Gebühr das Schreiben beibringen zu können. Schauen wir uns den Text mal an.

Erster Absatz:

Ein »interessantes« Drehbuch? Gibt es ein abgegriffeneres Adjektiv als »interessant«? Sollte ein Drehbuch nicht besser spannend, professionell, phänomenal, phantastisch, toll, fesselnd oder vielleicht faszinierend sein? Jemand, der andern sprachlich etwas beibringen will, sollte nicht so flachbrüstige Wörter verwenden. Und wieso »einmal nur«? »Das muss kein Traum mehr bleiben.« Schlechtes Deutsch durch und durch.

Zweiter Absatz:

»Der Markt bietet schlechte Drehbuchvorlagen«? Nein, auf dem Markt findet man sie, finden sie sich, oder dort werden sie angeboten. Daß »der Markt … bietet«, das liege nicht am fehlenden Talent, so heißt es. Gemeint ist, nicht der Mangel an Talent sei die Ursache, die schlechte Drehbücher zur Folge habe. Es fehle die richtige Ausbildung »dafür«. Wofür denn nur? Nirgendwo findet sich eine sprachliche Wendung, an der man mit dem »dafür« andocken könnte. Worauf bezieht sich das »dafür«? Auf Köpfe, auf Talent oder schlechte Drehbücher? Ich weiß es nicht. Ganz schlecht.

Dritter Absatz:

Talententdeckung »als« Drehbuchautor und dann noch »mit« einem Studium. Wie soll ich das verstehen? Sollte ich Talent »zum« Drehbuchautor haben, dann werde ich das möglicherweise »durch« ein Studium herausfinden. Aber eher nicht durch eines bei der »Schule des Schreiben«. Die »hohe Schule des anspruchsvollen Schreibens« kann man hier nicht »erlernen«, aber auch woanders kann kein Schüler »eine Schule erlernen«. Wohl aber das Setzen falscher Kommas wie hinter dem Wort »Schreibkursen«. Und das Ignorieren von Genitivkennzeichnungen: »Schule des Schreiben«.

Mal ehrlich: Wer möchte so unprofessionell belehrt werden?

An anderer Stelle heißt es: »Schreiben ist ein Handwerk, das jeder erlenern kann.« Erlenern. Ich finde, jeder, der andern das Schreiben beibringen möchte, sollte es zuvor selbst gelernt haben. Oder »gelenert«.

2010

Kariert denken

Man muß schon ziemlich klein und kariert denken, um glauben zu können, aus kleinen Karos könne wie durch Zauberei stilistisch Ansprechendes, gar großer Stil entstehen. Aus kleinem Karierten kann man allerbestenfalls große Karos kreieren.

Ohne einen Charakter, der ihn trägt, ist Stil sowieso nur eine alberne Attitüde und löst sich bei genauerer Betrachtung in kleine Karos auf.

Stilisierung

Es ist völlig unsinnig, einem Künstler vorzuwerfen, durch seine Stilisierung der Realität reduziere er sie und verwandle sie willkürlich in abstrakte Unerkennbarkeit. Ist doch jede Wahrnehmung von Objekten ein automatisierter Prozeß reduzierter und selektiver Aneignung. Der Künstler tut nichts anderes, als auch diesen Prozeß wahrzunehmen und ihn für kurze Zeit zu individualisieren. Wer glaubt, Realität sei etwas, was unabhängig von Wahrnehmung existiere, macht Realität zu einem bildgebenden Automaten. Die wahre Reduktion ist die, bei der das Bild bereits im Kopf ist, bevor man es sieht.       

Steifheit

So recht lebendig wird der mitunter etwas steife Aphorismus erst, wenn er mit einer Prise Zotenpfeffer gewürzt ist. Die Zote jedoch wird lasch, wenn sie auf Aphorismus macht. Steifheit ist eben nicht immer ein Zeichen von Potenz.

Apodiktisches

Ganz erstaunlich, was passiert, wenn ich mich in einem Beitrag über den Vorwurf des Apodiktischen äußere. Einer findet meine Infragestellung der Relevanz des Apodiktischen apodiktisch und bietet mir eine andere Herangehensweise und ein anderes Denken an, will mir einen anderen Denkort, nämlich seinen, zuweisen, natürlich ohne sich der Mühe einer Begründung zu unterziehen, und ist beleidigt, wenn ich nicht darauf eingehe. Ein anderer wiederum hält meine Sprache für elaboriert und gibt mir in stilistisch und lexikalisch ungehobelter Sprache, gewürzt mit mannigfaltigen Beleidigungen und Unterstellungen, gute Ratschläge, wie ich meinen Stil – und damit mein Denken – ändern könne. Und sie merken nicht, wie unverschämt, intolerant und rücksichtslos sie sich verhalten, wenn sie ihr eigenes Denken oder Sprechen zur kognitiven oder sprachlichen Norm erklären, an der ich mich zu orientieren hätte.