Rassismus?

Jede Form von Rassismus ist Dummheit oder auf Dummheit zurückzuführen. Denke ich. Darauf habe ich schon öfter hingewiesen. Erst recht dann, wenn es um die Hautfarbe des anderen geht. Aber ist deswegen auch jede Form von Dummheit oder mangelndem Respekt, Empathiemangel oder dergleichen bereits Rassismus? Ich denke, nicht.

Lienen zum Thema Lehmann

Fußball

Endlich geht der DFB konsequent gegen Rassismus im Fußballstadion vor. Am Wochenende stand der Schwarze Hopp Hand in Hand mit Rummenigge im regnerischen Stadion, und beide machten klar, daß schwarze Milliardäre gegen rassistische Anfeindungen und Beleidigungen von „Idioten“, wie Dietmar Hopp es freundlich formulierte, geschützt werden müssen. Lobenswert. 

Vor kurzem hatte man die Affenlaute bei Jordan Torunarigha noch nicht gehört haben wollen, und es gab auch kein Händchenhalten im Stadion: Es ging ja auch nur um einen anderspigmentierten Fußballspieler, der sich nicht so haben soll. 

Grün und weiß

Ich finde es in höchstem Maße amüsant, wie so manche Heranwachsende versucht, von der vielen grünen Farbe hinter ihren Ohren abzulenken, indem sie gedankenlos (oder soll man sagen hirnfrei?) von „alten weißen Männern“ daherredet. Liebe junge Frauen, hübsch oder weniger hübsch, glaubt ihr wirklich, das Grüne hinter euren Ohren verflüchtige sich, wenn ihr Farbadjektive auf andere anwendet? So wie ihr das tut, ist das nicht nur kein Argument, sondern nichts weiter als eine primitive Melange von Rassismus, Diskriminierung und Vorurteil. 

 

Asche und Wahn

Vielleicht fällt es mir in letzter Zeit nur verstärkt auf, aber möglicherweise ist es auch eine Tendenz: Man tut so, als hätte der Antisemitismus des 20. und des 21. Jahrhunderts etwas mit Religion zu tun.

Neulich las ich in einem Buch, in der Hitlerzeit seien »Menschen mosaischen Glaubens« verfolgt worden. Als hätten die bekannten Nürnberger Gesetze Glaubensgesetze geheißen und nicht »Rassegesetze«.

Heute lese ich auf SPIEGELonline, »eine Frau jüdischen Glaubens« habe einen »Brief mit ascheähnlicher Substanz« erhalten und sie werte den Brief »aufgrund ihres Glaubens« als Bedrohung.

Das ist purer Unsinn, denn es geht hier nicht um Glaubensfragen und auch nicht um Xenophobie oder Fremdenfeindlichkeit, sondern vielmehr um Abstammung und das, was man heute nicht mehr Rasse nennen mag, und um den damit verbundenen altbekannten Rassenwahn. Es geht um Rassismus.

Aber euphemiert nur weiter vor euch hin.

Rassismus?

Wenn ich zurückdenke, dann erinnere ich mich noch gut daran, wie versucht wurde, mir mit Gewalt die Haare zu schneiden, wie ich in meiner Jugend als Gammler beschimpft wurde, als Abschaum der Gesellschaft und Ähnliches. Das war nicht schön, doch das hatte etwas mit Angst vor kultureller Diversität zu tun und mit dem Glauben an gottgegebene, allgemeingültige Werte, den man bedroht sah. Diese Werte haben sich inzwischen weitgehend als hohl erwiesen und erledigt.

Natürlich war das eine Unverschämtheit, wie man mir damals gegenübertrat, intolerant, dumm, ignorant. Aber rassistisch? Welche Rasse repräsentierten diejenigen, die mich beschimpften und zu unterdrücken versuchten? Ist Dummheit ein Rassemerkmal? Sind lange blonde Haare ein Rassemerkmal? Sicher nicht.

Auch ein Kopftuch ist kein Rassemerkmal.

Wenn man jegliche Xenophobie und Intoleranz, Dummheit und Ignoranz eilfertig als Rassismus bezeichnet, dann relativiert und verharmlost man den wirklichen Rassismus.  

Tagesschau

Über Rassismus

Ein Rassist ist im tiefsten Herzen ein wissenschaftsgläubiger Mensch: Er ist überzeugt, seine Vorurteile seien nicht bedingt durch Mangel an Denkvermögen, sondern Folge der basischen Verteilung in der Desoxyribonukleinsäure. Folglich blickt er auf andere Menschen wie ein Biochemiker, der eine Sequenzanalyse vornimmt. Im Unterschied zum Rassisten kann der Biochemiker jedoch zwischen Genotyp und Phänotyp unterscheiden.