Es heißt, wer dumm sei, denke weniger nach. Doch woher will man wissen, daß jemand, der »dumm ist« – was immer das für ein Zustand sein soll und wie immer der zu definieren wäre –, daß also ein Dummer weniger nachdenkt? Vielleicht ist der Dumme nur scheinbar dumm und redet nur weniger über sein Nachdenken, weil er davon ausgeht, andere hielten sich für klüger und könnten sich möglicherweise über seine Gedanken, die eventuell gar nicht so dumm sind, amüsieren. Das wäre übrigens ziemlich klug gedacht von dem angeblich Dummen.
Und wenn ich mir die Horde von klugscheißenden Plapperern anschaue, die heute in den Medien geräuschvoll eine Fülle von Gedanken ausfurzen, ganz am Beginn des notwendigen Gärprozessses, und morgen bereits wieder mit neuen, kumulusartigen Gedankengebilden schwanger gehen, dann habe ich sehr große Zweifel, daß bei tatsächlich Dummen Gedankenarmut herrscht. Es ist wohl nicht so sehr die Fülle, an denen es den Dummen mangelt, ja nicht mal die Form; vielmehr fehlt es an Tiefe und Substanz.
Man sieht, die Definition von Klugheit und Dummheit scheint nicht ganz so einfach zu sein, wie allgemein glauben gemacht wird, und unter denen, die sich für klug halten, grassiert Dummheit mindestens ebensosehr wie unter denen, die glauben, sie wären dumm.
Ziemlich sicher ist jedoch die Frage nach der Dummheit nur perspektivisch zu beantworten und nicht mit dem Maßstab des sogenannten Normalen zu messen, denn ich kann mir ohne Mühe eine Perspektive vorstellen, von der aus das »Normale« als dumm zu betrachten ist.
ZooStation schreibt am 26.11.2009 um 20:46 Uhr:
Endlich mal ein Beitrag, dem ich bedingungslos zustimmen kann! 😉
Und um mit Forrest Gump zu sprechen: „Dumm ist der, der Dummes sagt!“.
Lyriost schreibt am 26.11.2009 um 22:58 Uhr:
Und der Dummes tut, natürlich auch. Leider aber gehen die Meinungen darüber, ob einer was Dummes sagt oder tut, manchmal gewaltig auseinander. Es liegt in der Natur von Dummheiten, daß nicht jeder sie gleich als solche erkennt: auch nicht der Klügste und schon gar nicht bei sich selbst. 😉
ZooStation schreibt am 26.11.2009 um 23:02 Uhr:
Mal davon abgesehen, dass diejenigen, die sich nicht selbst hinterfragen, „dumm“ sind; gibt es deiner Meinung nach einen „absoluten“ Maßstab? Was ist nun „dumm“, außer sich für vollkommen zu halten?
Lyriost schreibt am 26.11.2009 um 23:29 Uhr:
Liebe ZooStation, einen absoluten Maßstab gibt es für nichts, Maßstäbe sind immer relativ und beziehen sich stets auch von vornherein auf das zu Messende und sind schon deshalb nicht allgemeingültig. Wenn ich zum Beispiel die Länge von etwas messen will, gehe ich davon aus, daß es so was wie eine Länge hat. Ich muß wissen, was lang oder kurz ist, mich also auf Konventionen stützen. Und Konventionen sind nie etwas Absolutes. Und auch wenn jemand sich für vollkommen hielte, müßte er doch vorher festgelegt haben, was Vollkommenheit im einzelnen sein soll. Vollkommenheit ist jedoch tatsächlich kein möglicher empirischer Zustand, sondern nur ein fiktiver Maßstab für die realen graduellen Unterschiede der Unvollkommenheit. Wer sich für vollkommen hielte, wäre tatsächlich ein hochgradiger Schwachkopf. Gilt auch für Gott und selbsternannte Stellvertreter. Die Vollkommenheit wird ihnen nur von idolsüchtigen Menschen angedichtet.
ZooStation schreibt am 27.11.2009 um 00:05 Uhr:
Gut, da sind wir schon wieder einer Meinung. Nur das „r“ fehlte, darauf bestehe ich, ZooStation ist ein Typ! 😉
Ich find’s witzig, in dem Zusammenhang (Maßstab) fällt mir „das Meter“ ein, in Paris; jemand hat irgendwann mal gesagt: dies ist ein Meter. Nun gut, wahrscheinlich ist es hilfreich, gewisse Konventionen zu machen. Aber auf eine soziale Gemeinschaft bezogen scheint mir die Neigung, Konventionen als Maßstab anzuerkennen, ein Trend zu sein, der zu nichts Gutem führt. Oder uns jedenfalls nicht weiter führt. „Dumm“ sein ist wohl ein Etikett, dass manchen Menschen von manchen Menschen aufgeklebt wird – um sich selber zu erhöhen, sich auf Kosten Anderer zu profilieren – ein Trend in dieser Zeit, wie mir scheint.
Gretchen schreibt am 27.11.2009 um 11:09 Uhr:
Guten Morgen, Lyriost. Und wie hältst Du es mit den Propheten Israels, welche sich durch Ihre Kunde stets dumm in Gefahr begeben hatten und nicht selten mit dem gesprochenen Wort mit ihrem Blute zahlten.
Grüße
von Gretchen
Gretchen schreibt am 27.11.2009 um 11:10 Uhr:
Zu 6) Sorry, habe Fragezeichen vergessen, also: „?“. Danke.;-)
Lyriost schreibt am 27.11.2009 um 11:29 Uhr:
Guten Morgen, Gretchen. Ich halte grundsätzlich sehr wenig von Propheten.
Liebe Grüße
Lyriost
Gretchen schreibt am 27.11.2009 um 11:40 Uhr:
Danke, für Deine ehrliche Antwort. Finde, dieser Eindruck macht, neben vielen anderen angenehmen Momenten hier bei Dir, Deine Webseite sehr ansprechend.
Gruß
Gretchen
Gretchen schreibt am 28.11.2009 um 17:41 Uhr:
.. durchaus auch jenseits des Nachdenkens über Substanz und Essenz .. guten Abend, lieber Lyriost, wünsche ich Dir einen angenehmen ersten Advent ..
Liebe Grüße
Gretchen
Jochen Walter schreibt am 02.12.2009 um 10:33 Uhr:
Off topic:
Das Deutsche Literaturarchiv verfolgt mit Interesse ihr Weblog und wuerde gern mit Ihnen Kontakt aufnehmen. Ueber eine Rueckmeldung an Jochen.Walter@dla-marbach.de wuerden wir uns sehr freuen. Gruesse aus Marbach, Jochen Walter
Aquarius schreibt am 02.12.2009 um 20:11 Uhr:
ich glaube nicht, dass es wirklich „dumme“ Menschen gibt. Vielleicht sind manche ein wenig einfältiger, aber wirklich „dumm“…nein, ich glaube nicht!
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