Irgendein durchgeknallter Bischof relativiert den Holocaust dahingehend, alles sei gar nicht so schlimm gewesen, andere meinen gar, er hätte nicht stattgefunden. Der Papst hat diesen Bischof, der (aus anderen Gründen) aus der Kirche ausgeschlossen war, wieder aufgenommen, obwohl jener solchen Unsinn erzählt (wie auch allerlei andere kapriziöse Kuriositäten hervorbringt). Und schon läuft die Debatte über den Holocaust wieder auf Hochtouren. Holocaustleugnung hat Konjunktur.
Deshalb habe ich mich gefragt, wozu es gut sein soll, daß jemand den Holocaust leugnet oder – meinetwegen – auch nur relativiert. Was ist die Motivation derer, die das tun? Haben sie selber oder Angehörige Dreck am Stecken, verstehe ich das. Auch wenn sie in irgendeiner nationalistischen Traumheldenwelt leben, kann man das nachvollziehen, denn wer möchte schon aus seinen so schöngeträumten Gefilden weggehen? Bei dem Bischof – der übrigens auch bemerkenswerte Träume hat: von frauenfreien Universitäten zum Beispiel, und der Meinung ist, der Vatikan sei unter satanischer Kontrolle, kann ich nur vermuten, was ihn treibt, ich kenne ihn ja nicht persönlich, wiewohl ich das nicht bedaure. Wissenschaftliches Genauigkeitsbedürfnis aber ist, da bin ich sicher, eher weniger der Grund für die krausen bischöflichen Thesen. Im Vertrauen gefragt, und wenn er ein paar Gläser Wein zuviel getrunken hätte, würde der Bischof vielleicht sagen, er habe schon immer was gegen die Juden gehabt, wie auch die römisch-katholische Kirche zu früheren Zeiten, als sie noch Judenhüte mit gelben Spitzen verteilte. Und er sei eben ein Traditionalist.
Wenn man aber nun keines dieser Bedürfnisse hat, weshalb sollte man dann den Holocaust leugnen oder relativieren, habe ich mich gefragt. Und die Antwort: um Ideologie, die zur Menschenverbrennung geführt hat, in ihrem Kern zu retten, indem man sie von Vorwürfen befreit. Und warum versucht man das? Weil man diese Ideologie oder wesentliche Teile von ihr wieder salonfähig machen möchte.
Der Holocaustleugner ist kein rückwärtsgewandter, er ist ein vorwärtsgewandter Akteur. Er ist dabei, das Gelände vorzubereiten, auf dem das Fundament des nächsten Holocaust gebaut werden soll. Und sollte das gelingen, dann werden irgendwann wieder die Schornsteine rauchen. Ob diejenigen, die solches befördern, das wollen oder nicht. Es ist die Konsequenz, die dieser Ideologie innewohnt.
Ombrage schreibt am 03.02.2009 um 09:24 Uhr:
Das Gelände ist vorbereitet – oder um es mit B. Brecht zu sagen „Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch .“
Aber das ist kein religiöses, reaktionäres oder gesellschaftliches „Problem“ – es ist unsere Natur.
Und um mir mal eine schöne Formulierung auszuleihen : wir sitzen in unserer 100qm Wohnung und haben meist keine wirklich elementaren Existenznöte und blicken daher aus unserem Elfenbeinturm voller Unglauben, Distanz und auch Faszination auf solche Dinge.
Krude Welten enstehen meist aus Not oder aus Langeweile.
Lyriost schreibt am 03.02.2009 um 10:09 Uhr:
Zum Glück bin ich zur Zeit weder in Not, noch kenne ich das, was als Langeweile bezeichnet wird. Ich langweile mich nicht mal beim Schlafen. Manchmal denke ich allerdings: leider. 😉
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Und meine 13 jährige Tochter fragt mich, warum die Menschen aus der Geschichte nicht lernen.
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Das ist eine gute Frage.
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