Bei mir der Rabe
ohne Schwingen
im Schattenturm
am Tag bei Nacht
wo still die Gabe
Stimmenklingen
und laut der Wurm
in dunkler Pracht
Tag: 5. Juni 2019
Dummwort Unwort
Ich schlage vor, das Dummwort »Unwort« zu ächten und in Zukunft das, was es bezeichnet, angemessen zu benennen. Dabei sollte jedoch nicht vergessen werden, daß Dummwörter nichts dafür können, wenn sie von Dummköpfen benutzt werden. Es wäre schön, wenn man sich den Wörtern gegenüber fair verhielte und sich auf die Wahl zum »Dummkopf des Jahres« beschränkte.
Die Apostrophs oder die Apostroph’s?
Immer ist es erhebend, im »Zwiebelfisch«, dem Zentralorgan des Sprachpolizisten Bastian Sick, zu lesen. Manchmal aber ist es auch überaus lustig. Zum Beispiel, wenn er sich über die Unsitte von Deppenapostrophen mokiert und deren neueste Variante, den Plural-Apostroph, amüsiert betrachtet und dessen Aufkommen unverständlich findet, weil doch, wie er schreibt, die »Tendenz der Standardsprache« in eine andere Richtung gehe. So heißt es bei Sick: »Nicht immer mehr, sondern immer weniger Apostrophs empfiehlt die neue amtliche Regelung.« Apostrophs.
Nebenbei: Die »neue amtliche Regelung« und die »Tendenz der Standardsprache« sind grundsätzlich zweierlei. In einem jedoch sind sich Tendenz und Amt einig: Der Plural von Apostroph ist Apostrophe – und nicht, wie der Herr Obersprachwart schreibt, Apostrophs. Mit oder ohne Apostroph, das ist hier nicht die Frage.
Eine Kuh mit zwei Eutern wird nicht dadurch zum Ochsen, daß man ihr eines davon wegoperiert. Aber man macht sich selbst zum Ochsen, wenn man es versucht.
Hineininterpretieren
Gerade habe ich zum wiederholten Male gelesen, in Texte könne man vieles hineininterpretieren. Oder auch »hineindeuten«, also, so bezeichnet es das Duden-Wörterbuch: »etw. aufgrund eigener Deutung oder Vermutung in etwas zu erkennen glauben, was in Wirklichkeit nicht darin enthalten ist«.
Die Definition leuchtet mir durchaus ein. Was mir jedoch nicht einleuchtet, ist das dazugehörige zusammengesetzte Stichwort „hineininterpretieren“.
Anders als „hineininterpretieren“ heißt „interpretieren“ erklären, erläutern, deuten, aus einem Text also etwas von dem herausholen, was darin ist. Also herausinterpretieren. Und hinein…? Hineininterpretieren, hineinlesen, hineinprojizieren ist nichts als ein Mißverständnis, denn ein bestimmter Text ist ein bestimmter Text und bleibt genau so, wie er ist. Wir können einen Text lediglich, so wie ich es hier mit dieser Duden-Definition getan habe, für uns selbst in unserem Kopf ergänzend uminterpretieren und dieses anderen mitteilen, indem wir einen Text zum Text verfassen, der diesen ergänzt.
Der ursprüngliche Text bleibt davon unberührt. Niemand kann etwas in einen vorliegenden Text hineininterpretieren. Nicht einmal der Autor selbst.
Zwischen zwischen
Stehend auf dem Stuhl
sage ich zwischen
zwischen den Wänden
gerieben geboren
zwischen Geburt und
Wiedergeburt
klingt doch besser
als Tod wenn auch
Klaustrophobie
im Geburtskanal
nicht die Stille
der schwarzen Steine
wo die Uhren nicht ticken
nur die leise Reibe
der Erosion
Sekundenjahrgeräusche
das Knabbern
kosmischer Mäuse
und es rauscht nur
das Nichts
nicht das
Blut