Sprachunkundige aller bisher bekannten Geschlechter versuchen sich mit unterschiedlichem Erfolg darin, in den oralen Medien eine angemessene Länge oder Breite des Hiatus beim akustischen Ersatz des Genderasteriskus oder verwandter graphischer Geschlechtertrennungszeichen hinzubekommen. Da solches häufig auf unfreiwillig komische Weise mißlingt, geht man (!) mittlerweile immer öfter dazu über, substantivierte Partizipien zu verwenden. Ein Beispiel: Mitarbeiter aller Geschlechter werden dabei zu Mitarbeitenden oder Lehrer zu Lehrenden, Sprecher zu Sprechenden und so weiter.
Leider zeigt sich bei solchem sprachlichen Tun, daß die Sprachunkundigen nicht nur sprachunkundig sind, sondern auch alles andere als logikaffin. Vor kurzem hörte ich eine Sendung im Radio, in der wortreich beklagt wurde, daß die Zahl der Krankheitstage bei den Mitarbeitenden massiv zugenommen habe. Ein Vertreter der sogenannten Arbeitgeberverbände, der anfangs noch von Mitarbeitern sprach, lernte schnell und war dann auf Linie und meinte, die Mitarbeitenden hätten noch nie so viele Tage wegen Krankheit gefehlt wie im letzten Jahr. Zum Schluß war er allerdings wieder bei Mitarbeitern. So schnell gelernt, ebenso schnell wieder verlernt. Die Macht der Gewohnheit.
Nun sagt mir mein logisches Verständnis, dass kranke Mitarbeitende keine Mitarbeitenden sein können, es sei denn, sie gehören zur Minderheit, die von zu Hause aus arbeiten kann, und es hat sie nicht so schwer erwischt, dass sie nicht den Laptop mit ins Bett oder aufs Sofa nehmen können. Aber dann werden sie sich nicht krankmelden. Der Normalfall wird deshalb wohl sein: Kranke Mitarbeitende kann es nicht geben, weil man nicht arbeitet, wenn man krank ist. Auch die Malenden sind nur Malende, wenn sie malen, und nicht, wenn sie essen oder schlafen. So wie die Schlafenden nach dem Aufwachen keine Schlafenden mehr sind. Ist doch logisch – oder etwa nicht?
Sprachlich ist dieser Umstand seit eh und je grammatikalisch geregelt: Ein Unterzeichner ist nur sehr kurz ein solcher, nämlich für die Zeitspanne des Unterzeichnens. Danach, wenn die Tinte beim Trocknen ist oder bereits getrocknet, ist der unterzeichnende Unterzeichner zum unterzeichnet Habenden, kurz: zum „Unterzeichneten“ geworden.
Leider gibt es noch keine angemessene neue Form, solange wir uns mit der, die, das herumschlagen müssen. Nein, es wird sogar modernisiert, selbstverständlich angelsächsisch (die ha’m ja nur ein the, da ist doch alles klar, oder? Dass die Miss Soundso oft bei der Vorstellung auch noch den Vornamen ihres Gatten mitschleppt, ach, was solls…). Ja, während uns noch andere Titel hinterdreingeworfen wurden dürfen meine Kinder – meine Töchter! – jetzt Titel wie Master of… tragen!
Und niemand beschwert sich. Also ehrlich, ich bleib bei der herkömmlichen Sprachregelung, das ist doch dagegen Pipifax! Oder glauben unsere kontinentalen, anglophilen (wogegen ich sonst nichts habe) Modernisierer (Modernisierende?) denn, Master sei geschlechtsneutral?
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Solange ich Lesende hier bin, finde ich den Text witzig. Nun bin ich am Textende angelangt und eine amüsierte Exlesende geworden. Die bleibe ich, bis ich wieder bei Dir lese. Dann ist es aus mit dem Ex….Das ist aber auch ein Hin und Her.🙋♀️
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