Als Angeber bezeichnet man „jemandem“ …

Der Lautsprecher der Dilettantenabteilung im deutschen Hobbylinguistenverband Bastian Genitivtod Sick hat wieder – im „Spiegel“ – zugeschlagen. In der Zwiebelfisch-Kolumne beschäftigt er sich mit dem Vorkommen der fliegenden Gestalten in der deutschen Sprache. Wie immer volkstümlich und anbiedernd launig, wie Quadrantarius-Professionelle es besonders lieben. Normalerweise lese ich diese Sachen nicht mehr, aber, nun ja, man hört bisweilen in einem schwachen Moment auch eine Schnulze im Radio.

Herr Sick weiß nicht immer, wo Kommas zu setzen sind und wo nicht, geschenkt. Allein, daß niemand „Pleite gehen“ kann, sondern nur pleitegehen, das sollte er, als der Sprachspezialist, für den er sich hält, schon wissen. Aber vor allem sollte er nicht die Fälle durcheinanderbringen, auch wenn’s mal nicht um den Genitiv geht. Als einen Angeber bezeichnet man nicht „jemandem“, als Angeber bezeichnet man jemand oder jemanden. Zum Beispiel jemanden, der sich anmaßt, andere belehren zu wollen, sich selbst jedoch ausnimmt.

Seine Lapsus sprechen nicht für ihm. Ich meine ihn.

Zwiebelfisch

Eine Antwort auf „Als Angeber bezeichnet man „jemandem“ …

  1. wbidi schreibt am 14.03.2012 um 16:56 Uhr:
    Ich wusste gar nicht, dass es einen Plural von Lapsus gibt…. Danke für die Weiterbildung. ;o)

    Mich hat schon immer interessiert, wie ein Berg voll NICHTS aussieht. Wenn man Schulden hat, hat man ja kein Geld. Wie also sieht ein Berg voll K E I N G E L D aus? Hast du eine Vorstellung?

    Lyriost schreibt am 14.03.2012 um 17:59 Uhr:
    Ja, wbidi, der Plural von Lapsus ist sehr unauffällig, aber es gibt ihn. „Berg voll“ gibt’s nicht, sowenig wie Berg leer. Aber kann man „kein Geld haben“, oder leidet man eher am Geldmangel? Wenn man das Haben in Verbindung mit Sein verwendet, wird es schon mal paradox. Weiterführendes dazu hier:

    Logische Merkwürdigkeit

    Zwischenweltler schreibt am 14.03.2012 um 19:22 Uhr:
    Vielleicht hat sich ja der Sick in Ermangelung eigener Ideen einen Ghostwriter zugelegt, welcher zwar Ideen hat aber ansonsten dilettiert.

    Lyriost schreibt am 14.03.2012 um 20:11 Uhr:
    Hallo, Zwischenweltler, aus sprachwissenschaftlicher Sicht ist das, was Sick so treibt, in vieler Hinsicht von Anfang an nichts anderes als Dilettantismus. Mein ehemaliger Linguistik-Prof. Eisenberg, damals FU Berlin, jetzt Emeritus, dazu:

    http://spiegelkritik.de/2006/11/12/C/

    Rosalix schreibt am 14.03.2012 um 21:26 Uhr:
    Lieber Lyriost!
    Ich fühle mich schuldig. Ich verschreibe mich, ehrlich gesagt auch recht häufig. Oft bemerke ich es erst, wenn ich den Knopf gedrückt habe. Bei den Kommaregeln blicke ich seit der Rechtschreibdingens erstrecht nicht mehr durch. Manchmal hilft ja nachschauen. Ich hoffe, dass du nicht so streng mit mir bist;-)

    Lyriost schreibt am 14.03.2012 um 22:35 Uhr:
    Liebe Rosalix, schön, wieder mal von dir zu hören. Natürlich bin ich streng nur dann, wenn es um Berufliches geht, privat bewerte ich Geschriebenes ganz selten, also nur dann, wenn ich die Leute (begründet) nicht leiden kann; und bei meinen eigenen Texten kümmere ich mich nicht um die neue Rechtschreibung. Die Kommaregeln haben sich übrigens durch die Rechtschreibreform nur in einem Fall geändert, und zwar steht jetzt nach Frage- oder Rufzeichen ein Komma, wenn der Satz weitergeht. Alles andere gilt nach wie vor – auch offiziell.

    Liebe Grüße

    sunnysightup schreibt am 15.03.2012 um 00:11 Uhr:
    du hast bei EISENBERG studiert? ich wunder mich über gar nüscht mehr. äh nix. äh nichts.

    Phil_Sophie schreibt am 15.03.2012 um 07:06 Uhr:
    Ach wie nett, ich finde es doch immer wieder amüsant, wie die Deutschen sich selbst fertig machen können, nur wegen der eigenen Grammatik und Rechtschreibung…
    Warum macht ihr eure Sprache nicht einfacher, dann gäbe es derartige dilettantische Aussagen nicht mehr.
    Typisch Deutsch 🙂

    Lyriost schreibt am 15.03.2012 um 09:43 Uhr:
    Liebe Phil_Sophie, Sprachkritik hat eine lange Tradition und findet sich bereits in der Antike, ist also gar nichts typisch Deutsches. Jeder Erkenntnisprozeß findet mit der Sprache und über die Sprache statt, und deshalb ist es wichtig, sich mit den Voraussetzungen und den Gegebenheiten des Sprechens und der Sprache zu befassen. „Warum macht ihr eure Sprache nicht einfacher?“ Betrachte mal das Griechische oder die lateinische Sprache oder Chinesisch. Einfach?

    Sprache wächst und wandelt sich, aber sie wird nicht gemacht, und die deutsche Sprache ist, wie sie ist. Man kann (darf) Grammatik nicht willkürlich verändern, und ich kenne keine Sprache, bei der das tatsächlich geschehen wäre. Veränderung geschieht über den Sprachwandel. Genau hier setzt die Kritik an Leuten wie Sick an. Der zieht nämlich über die Dörfer und beklagt Sprachwandel als Verfall der Sprache, sich lustig machend über Sprecher, die sich nicht an von Leuten wie ihm als statisch betrachtete normative Vorgaben halten. Und das breite Publikum freut sich mit Sick darüber, daß es mir und mich auseinanderhalten kann, der ungebildete Nachbar aber nicht.

    Wenn jetzt so ein Typ sich selbst als ungebildeter Nachbar entpuppt, weil er Dativ und Akkusativ verwechselt, also ein klassisches Selbsttor schießt, dann ist das ein willkommener Anlaß zur Kritik. Absolut legitim und notwendig. Und ganz und gar nicht typisch deutsch.

    Goldwaagen gibt es überall, und es ist gut, daß es sie gibt.

    Zwischenweltler schreibt am 15.03.2012 um 09:55 Uhr:
    Das macht Sinn! ;D

    Im Geistes des Dudens, als sprachbeobachtendes Instrument, finde ich das ja alles gut und richtig. Dennoch umfängt mich gelegentlich die Sehnsucht nach der Wahrung einer eher traditionellen Sprache und Rechtschreibung. Dabei ist es mir ziemlich egal, ob man nun Schifffahrt mit zwei oder drei F schreibt. Die Auslassung sinngebender Kommas hingegen (oder schreibt man heute: Sinn gebend?) wäre für mich durchaus eine zu bekämpfende Mode.

    Lyriost schreibt am 15.03.2012 um 10:20 Uhr:
    Darf auch Sinn machen, lieber Zwischenweltler. Das ist es gerade, was die Sicks nicht begreifen. 😉

    Rechtschreibung ist ein Problem für sich, nicht zuletzt deshalb, weil alles dadurch kompliziert wurde, daß einige meinten, es – willkürlich – vereinfachen zu müssen. Der deskriptive Duden-Geist ist tot, denn auch der Duden ist mit seinen schwachsinnigen Empfehlungen von seiner Linie abgewichen und zum Präskriptiven umgeschwenkt, und das ist schädlich und vehement zu bekämpfen. Maßstab der Normsetzung darf nicht Häufigkeit der Anwendung sein, sondern Maßstab muß Plausibilität sein.
    „Sinn gebend“ ist übrigens nicht plausibel, es sei denn, man hielte „Sinn entleert“ für „Sinn voll“.

    Phil_Sophie schreibt am 15.03.2012 um 10:37 Uhr:
    @Lyriost:
    Wenn ich mir die vielen Rechtschreibreformen der deutschen Sprache ansehe, dann wird m.E. schon Sprache gemacht, sprich bewusst gesteuert. Weiterhin wird die Sprache auch gesteuert, indem man nicht verhindert, dass z.B. eine schleichende Veramerikanisierung innehält. Das sehe ich als Widerspruch am Festhalten alter Traditionen und am Wachsenlassen einer Sprache.
    Natürlich kann man Grammatik nicht einfacher machen, aber die Rechtschreibung schon. Die Abschaffung von Umlauten und Diphthong sowie „ß“ , „ph“ , „dt“ und die Einführung der Kleinschreibung würde die deutsche Rechtschreibung um ein Vielfaches erleichtern.

    Ich kenne Sick nicht und ich habe mich mit ihm nie befasst, weil meine Interessen in eine andere Richtung gehen. Aber in diesem Fall muss ich dir Recht geben.

    Aber das war meinerseits keine Kritik, sondern eher ein Hinweis darauf, dass es Nichtdeutsche eher amüsant finden, wenn Deutschland wieder über den Zerfall der eigenen Sprache diskutieren.

    Lyriost schreibt am 15.03.2012 um 11:42 Uhr:
    Nicht nur aus filosofischer sicht moechte ich deinen amuesanten vorschlag lieber nicht umsetzen, denn er hat was von fallischer verkürzung oder ist zumindest mit ihr verwant – oder verwand?! Der arme diftong. 😉

    Phil_Sophie schreibt am 15.03.2012 um 12:13 Uhr:
    Die fischer, welche auf filosofang gehen, werden wohl nicht glücklich werden und die aeuglein werden nass vor lauter traenen.
    Ich habe wirklich zuerst filoso-fischer gelesen, wie schrecklich, du hast mich fast überzeugt… aber nur fast *gr*

    Lyriost schreibt am 16.03.2012 um 14:14 Uhr:
    Zu meiner Schande muß ich gestehen, daß ich sogar noch einen weiteren Fehler beim Sick-Text übersehen hatte. Natürlich ist richtig: Bankrott statt bankrott.

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