Angeregt durch »Wesen wie wir«, dachte ich heute morgen auf dem Weg zum Bäcker über Anthropomorphisierung nach, über ein Gedicht von Arno Schmidt und über den Willen in der Natur im Denken Arthur Schopenhauers.
Genaugenommen ist diese animistische Art, Leben in seine Umgebung zu bringen, eine natürliche frühkindliche Phase der kognitiven Entwicklung, wie wir von Piaget wissen. Darüber hinaus Bestandteil mancher Naturreligionen und früher, vorchristlicher Religionen. Animismus, der altgriechische ἄνεμος ánemos, Hauch, später dann römisch-lateinisch anima, Seele, ist zwar vom Menschen gedacht, aber nicht anthropozentrisch, denn die beseelten Wesen nehmen nicht menschliche Form an, sind zwar belebt, aber nicht vermenschlicht.
Dazu paßt, daß ein Wille, der ihnen zugesprochen wird, kein individueller ist, sondern ein allgemeiner Wille der Natur, der sich in ihnen offenbart. Und damit sind wir dann bei Schopenhauers Vorstellung vom Willen in der Natur.
So meine Gedanken am Morgen. Und nun beiße ich in die Rosinenschnecke, die es sich in meinem Magen gemütlich machen will. Ihr ist es egal, ob sie dabei ihre Form verliert, denn die hatte sie sich ohnehin nicht ausgesucht.
Das Anthropomorphe in der Schnecke wie im Stuhl ist ganz präsent, hineingebracht durch die lange Hand des Bäckers und des Tischlers. Das Animistische aber finden wir auf einer tieferen Ebene: zumindest in unserer Vorstellung.
Danke für das Link (ich weiß, die meisten Menschen hätten geschrieben, „für den Link“, egal) und für die anregenden Überlegungen. Aber was ist jetzt mit dem Gedicht von Arno Schmidt? Auf Seite 173 der Bargfelder Ausgabe I, 4 steht unter dem Titel „HAUSHOCH“ ein schönes Beispiel für das, was man als „animistisch“ bezeichnen könnte. Auch „VERBRÜDERUNG“ auf Seite 149 passt in den Zusammenhang. Die Stellen in seiner Prosa, da Arno Schmidt junge Birken oder sonstige Bäume oder Büsche dem Sinne nach als „Jungfräulein“ anspricht, sind ohne Zahl. Wenn ich das lese, ist es mir eigentlich egal, wie man es bezeichnet, ich denke nur, wie schade, dass der Mann da nicht weiter gemacht hat. Der hatte viele Eisen im Feuer, nicht nur die Etym-Theorie.
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Komme irgendwie mit der Technik nicht zurecht, versuche, hier einen Kommentar einzustellen, der verwschwindet ir wieder. Hatte geschrieben:
Danke für das Link (ich weiß, die meisten Menschen hätten geschrieben, „für den Link“, egal) und für die anregenden Überlegungen. Aber was ist jetzt mit dem Gedicht von Arno Schmidt? Auf Seite 173 der Bargfelder Ausgabe I, 4 steht unter dem Titel „HAUSHOCH“ ein schönes Beispiel für das, was man als „animistisch“ bezeichnen könnte. Auch „VERBRÜDERUNG“ auf Seite 149 passt in den Zusammenhang. Die Stellen in seiner Prosa, da Arno Schmidt junge Birken oder sonstige Bäume oder Büsche dem Sinne nach als „Jungfräulein“ anspricht, sind ohne Zahl. Wenn ich das lese, ist es mir eigentlich egal, wie man es bezeichnet, ich denke nur, wie schade, dass der Mann da nicht weiter gemacht hat. Der hatte viele Eisen im Feuer, nicht nur die Etym-Theorie.
Jetzt versuche ich es noch mal.
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Laut Wortschatz Leipzig ist Link als Maskulinum etwa achtmal häufiger als die sächliche Form. Korrekt ist beides. Ich selbst bevorzuge den Kerl.
Von Arno Schmidt sind die drei letzten Wörter der Überschrift, nimmt man es also genau, steht das Anführungszeichen an der falschen Stelle. Macht nichts. Wo man den Text findet, weiß ich nicht, auch kann ich nicht für jedes Wort die Hand ins Feuer legen. Ich habe ihn folgendermaßen im Kopf:
Leben ist ein Hauch nur
ein verhallnder Klang
und du bist das auch nur
und es währt nicht lang
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Ich sag das jetzt nur ungern, aber das ist nicht Arno Schmidt, sondern Fouqué. Die Verbindung ist dadurch gegeben, dass Schmidt das Gedicht in seiner Fouqué-Biographie („Fouqué und einige seiner Zeitgenossen“, zuerst 1958, ich habe die Haffmann-Ausgabe von 1988 vorliegen) dem VII. Buch als Motto voransetzt. Es heißt dort: „Leben ist ein Hauch nur, / ein verhallnder Sang; / ein entwallnder Rauch nur – / und wir sind das auch nur; / und es währt nicht lang.“ Die Interpunktion sieht Schmidtisch genug aus, aber der Text ist Fouqué.
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Vielen Dank, ich nehm das sehr gern zur Kenntnis, denn ich hab so viele Gedichte und Bruchstücke von Gedichten im Kopf, da paßt nicht immer alles zusammen. Sehr schön, daß sich jetzt, nach schätzungsweise dreißig Jahren, etwas wieder richtig fügt und seinen korrekten Platz einnimmt. Das Original ist ja auch viel besser als die zerbeulte Kopie in meinem Kopf. 😉
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