Form und Plastizität

Als Ideal: Jeden Satz schreiben, als müsse er für die Ewigkeit stehen.

Negativer Nebeneffekt solcherart gußeiserner Artikulation ist das statisch Abgekühlte, die Verharschung des Geschriebenen. Hier wird vorgeführt: die Geburt der Dogmatik aus dem Geiste des Idealismus, denn wer möchte schon an der Ewigkeit kratzen, gar an der eigenen. Dem Eitlen ein Greuel. Aber nichts außer der Ewigkeit ist ewig (und auch die nur vielleicht), das sollte klar sein, und wir tun gut daran, unsere kleinen Wörterwürmer nicht zu überschätzen. Sie haben, so kein Feuer ins Spiel kommt, bestenfalls die Halbwertszeit von Plastiktüten.

Bemühen um plastischen Ausdruck sollte dennoch selbstverständlich sein, und gerade das Wissen um die formwiderstrebende Plastizität alles Geschaffenen und damit die Endlichkeit aller Form sollte uns besonders anspornen.

Plastizität ist kein Ergebnis, kein Endprodukt, sondern für mich grundsätzlich die Kraft, die in der Natur wirkend die Evolution antreibt, was wir Menschen durch Mimesis zu ergänzen oder gar zu ersetzen trachten. Dabei sollten wir uns des Prozeßcharakters des Ganzen bewußt sein, was uns davon abhalten kann, unsere Kraft an Denkmälern (und der „Satz für die Ewigkeit“ ist eine Art Denkmal) für was auch immer zu verschwenden. Wenn der Bau von Denkmälern überhandnimmt, beginnt das Leben zu veröden.

In der Natur trägt die zur Form geronnene Plastizität den Keim ihrer Auflösung in sich und die Fähigkeit zur Formwandlung. Das sollten wir nicht durch die Erfindung immer neuer Betonsorten zu konterkarieren trachten.

Warum nicht die Form ebenso bejahen wie ihre Fähigkeit, sich zu wandeln oder aufzulösen? Ich sehe da keinen künstlich erzeugten Widerspruch, allenfalls eine grundlegende Paradoxie allen Seins.

Man kann sich natürlich auch hinlegen und warten, bis es vorbei ist.

metepsilonema

Anbiederungsseuche 

Wollte man großzügig und milde sein, dann käme man zu dem Schluß, die Worte des großen Thomas Bernhard seien so bezwingend, daß sie die Sprache eines jeden okkupierten, der sich beschreibend seinem Werk nähert. Doch wenn man, ganz im bernhardschen Sinne, weniger naiv und rücksichtsvoll ist, dann fällt auf, es ist wie eine Seuche: So ziemlich jeder, der über Bernhard schreibt, beginnt nach kurzer Zeit, sich mit einer dezenten Imitation des repetetiven Duktus anzubiedern, den wir von dem verhinderten Nebenerwerbslandwirt aus Oberösterreich kennen. Und überall kullern die »naturgemäß« aus den Sprachschablonen, daß es nur so kracht. Und selbst dort, wo es augenzwinkernd geschieht, bleibt ein fader Geschmack nach kumpelhaftem Getue und eitler Selbsterhöhung. Gräßlich.