Kindliche Naivität

Auf die Frage, was sie von Gendersternchen halte, sagte die mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnete Autorin Strobel, sie verstehe gar nicht, was alle gegen Sternchen hätten, und sprach von den Sternen am Himmel, die ja nun kein Herrschaftszeichen seien und so weiter blabla.

Vielleicht könnte man auch statt des Sterns einen kleinen Mond oder die liebe Sonne nehmen. Meine ich. Oder das kleine Häufchen von WhatsApp, das so schön dampft.

Nun ist es ja so, daß nicht »alle«, sondern nur eine Mehrheit der deutschsprachigen Menschen, die die Sprache in vielfältiger Weise nutzen, etwas gegen solcherart Wörter- und Satzverschandelung haben – und das nicht nur aus in der Sprachwissenschaft allseits bekannten guten Gründen.

Aber Sterne als Symbol von Herrschaftsfreiheit? Ich schaue beim Denken an Sterne als Symbole weniger in den Himmel, an dem wegen der Lichtverschmutzung, vieler Wolken und Gase aller Art ohnehin nicht mehr viele Sterne zu sehen sind. Ich schaue eher auf die Schulterklappen von Uniformen, auf denen mal weniger, mal mehr Sterne als Symbole von Macht und Status ihrer Träger blinken.

Soviel über naive Konnotationsverweigerung und semantische Einäugigkeit.

2 Antworten auf „Kindliche Naivität

  1. Das ist aber ein wenig überzeugendes Argument, mein Lieber. Genauso gut könnte man sagen, weil die Mehrheit der Menschen Mandarin spricht, sollten wir alle Mandarin sprechen. Apropos Einführen: Sprache oder restriktive Sprachregelungen führt man nur in Diktaturen oder in einem vergleichbaren autoritären Umfeld ein.

    Sprache entwickelt sich. So hat es sich im Deutschen ergeben, daß die Mehrzahl der Nomen weiblichen Geschlechts ist, was natürlich nichts mit Frauen und Männern zu tun hat. Wie sich Sprache entwickelt, heute etwa durch die Überflutung der deutschen Sprache mit Anglizismen, was der Statusbildung dienen soll, mag uns gefallen oder nicht. Wir sind ja frei, da mitzumachen oder auch nicht.

    Die große Mehrheit der Deutschen und auch der deutschen Frauen hält nichts von gendergerechter Sprache, was im übrigen nicht dasselbe ist wie ein generisches Femininum. Beim Genderstern geht es nämlich nicht darum, Männer und Frauen gleichermaßen zu erwähnen, sondern auch alle Menschen mitzumeinen, die weder Mann noch Frau sind oder sich weder als Frau noch als Mann fühlen.

    Wenn man unbedingt alle Einbrecherinnen und Einbrecher ansprechen möchte, sollte man nicht zur Abwechslung nur von Einbrecherinnen sprechen, weil dann ein falsches Bild der Wirklichkeit entstehen würde und die nicht in diesem Tätigkeitsfeld arbeitenden weiblichen Menschen sich sehr bald ins falsche Bild gesetzt fühlen würden. Und was ist mit den Räuberinnen?

    Ich selber sage bei der Anrede mehrerer Menschen: »Liebe Leute«, und ich habe noch nie erlebt, daß sich jemand (ob nun der Mann, der rein sprachlich in dem Wort steckt, oder die Frau, die selbstverständlich gleichermaßen »jemand« ist) ausgeschlossen fühlte. Oder sagen wir einfach: »Liebe Menschen«.

    Nicht, daß jetzt der Aufschrei kommt, bei »Liebe Menschen« wären die Frauen und andere Nichtmänner wieder ausgeschlossen, weil das grammatikalische Geschlecht von »Mensch« – leider – wieder männlich ist. In manchen Gegenden sagte man früher »das Mensch«, wenn man (männlich oder weiblich) eine Frau pejorativ bewerten wollte. Ob »die Mensch« ein Fortschritt wäre, wage ich zu bezweifeln.

    Ich rate grundsätzlich davon ab, sich die Sprache nach Gusto oder nach der jeweils vom angeblichen Geist (oder der Geistin?) der Zeit bevorzugten ideologischen Mode zurechtbiegen zu wollen.

    Leider aber wurde hier bisher das Thema verfehlt. Es ging in meinem Beitrag nämlich primär um leichtfertigen einseitigen Umgang mit Symbolen und einen Mangel an Reflexion der Wirklichkeit, zu der mehr gehört als der Himmel »über uns«. Womit wir wieder im Bereich von Hierarchie und Herrschaft wären.

    Und ja, auch der Himmel ist männlich. Sei’s drum.

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