von: Lyriost Kategorie: Gedanken
Vom Intellektuellen
Der Intellektuelle ist das Feindbild, das manche einfach denkenden Menschen brauchen, um für sich eine plausible Erklärung dafür zu finden, daß sie selbst trotz besonderer Denkbegabung weniger differenziert denken: Da der normal und gesund denkende Mensch auf keinen Fall intellektuell wirken will, weil er Intellektuelle ja nun mal nicht mag, fährt er seine ausgeprägten geistigen Fähigkeiten mit viel Mühe mutwillig herunter, denn er möchte bei seinesgleichen und bei der morgendlichen Spiegelprobe nicht als Intellektueller dastehen und am Ende womöglich sich selbst in den Suizid treiben müssen.
Aber es gibt den Intellektuellen nicht nur als Feindbild, sondern tatsächlich auch in Form von Menschen, die sich selbst als Intellektuelle bezeichnen. Das sind die, bei denen es zum Philosophen nicht so recht hat reichen wollen. Darunter leiden diese Intellektuellen unbewußt oft ebensosehr wie die Obengenannten darunter, daß sie keine Intellektuellen mögen dürfen, weil sie, wenn auch nur unter Intellektuellen, im stillen selbst gerne als solche gelten möchten.
Gretchen schreibt am 03.05.2010 um 20:08 Uhr:
Grüße Dich, Lyriost. Verrückt formuliert: Das reine Intellektuelle ist wie eine scharfe, infizierte Schneide, die wie ein Messer in der Hand eines Fiebrigen ruht. Er will sie gebrauchen und darum sucht er nach etwas, in das er mit ihr hineinschneiden kann, und mit der Berührung schafft er sowohl Gutes als auch Böses.
Sei lieb gegrüßt
Angenehme Nachtruhe
Gretchen
Lyriost schreibt am 03.05.2010 um 21:29 Uhr:
Ja, Gretchen, das trifft es recht gut. Dir auch liebe Grüße und eine gute Nacht.
Lyriost
grenzgaenger schreibt am 04.05.2010 um 06:32 Uhr:
Intellektuell sein heißt für mich auch immer um den heißen brei herumreden oder in metaphern sprechen, die an den haaren herbeigezogen scheinen. wozu? selbstbeweihräucherung? ich kann was, was niemand kann oder versteht? welchen sinn hat das?
Lyriost schreibt am 04.05.2010 um 07:38 Uhr:
Politiker reden um den heißen Brei herum und Leute, die nicht preisgeben wollen, daß sie nur ihre eigenen Interessen vertreten; Metaphern, die an den Haaren herbeigezogen scheinen, findet man eher bei Menschen, die ihren Sprachgebrauch nicht ausreichend reflektieren. Der Intellektuelle gehört nicht zu einer dieser beiden Gruppen; er ist meist kühl und rational, denkt weniger mit dem Bauch und ist nicht so leicht durch emotionale Appelle zu manipulieren. Selbstbeweihräucherung mag es auch bei Intellektuellen geben wie bei allen andern Menschen auch, aber den Weihrauchschwenker findet man doch alles in allem mehr unter Künstlern. Der Unterschied besteht lediglich darin, daß man Künstlern den Zug zur Eitelkeit ohne weiteres zugesteht, weil man sie für harmlos hält.
Unbreakable schreibt am 04.05.2010 um 18:15 Uhr:
Auch unter den Künstlern findet man Intellektuelle. Gelle? 😉
Lyriost schreibt am 04.05.2010 um 19:05 Uhr:
Auch unter den Taxifahrern. 😉
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Ein Künstler macht Kunst, ein Politiker macht Politik und ein Intellektueller denkt.
Für mich bezeichnen diese Substantive die Tätigkeit dessen, dem sie zugedacht werden.
Was, wer oder wie jemand ist, ist davon unabhängig, denke ich.
LG Michael
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Nun ja, lieber Michael, die Reinformen sind eher selten, und es gibt viele, die sich selbst das eine oder andere Substantiv „zudenken“. Oder sollte ich sagen: sich selbst verleihen?
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