Es ist völlig unsinnig, einem Künstler vorzuwerfen, durch seine Stilisierung der Realität reduziere er sie und verwandle sie willkürlich in abstrakte Unerkennbarkeit. Ist doch jede Wahrnehmung von Objekten ein automatisierter Prozeß reduzierter und selektiver Aneignung. Der Künstler tut nichts anderes, als auch diesen Prozeß wahrzunehmen und ihn für kurze Zeit zu individualisieren. Wer glaubt, Realität sei etwas, was unabhängig von Wahrnehmung existiere, macht Realität zu einem bildgebenden Automaten. Die wahre Reduktion ist die, bei der das Bild bereits im Kopf ist, bevor man es sieht.
mmh schreibt am 31.03.2010 um 14:01 Uhr:
Gibt es damit STIL überhaupt?
Lyriost schreibt am 31.03.2010 um 14:33 Uhr:
Soweit Stil nicht lediglich Nachahmung der Natur oder eine andere Art von Pastichenzimmerei ist – oder auch nur ein Brett im kunsthistorischen Regal –, ist Stil zuallererst der äußere Ausdruck der Befindlichkeit des Künstlers nach dem Zusammenstoß mit der Wirklichkeit. Vermag er von dieser Erfahrung das untypische persönliche Moment zu substrahieren und aus dem, was er sieht, den universalen Kern herauszuarbeiten, spreche ich von Stilisierung. Diese Begriffe werden natürlich häufig auch ganz anders verwendet. Mich darum nicht oder nur wenig zu kümmern, gehört zu meinem Stil.
Lyriost schreibt am 31.03.2010 um 14:50 Uhr:
Zur Ergänzung: Das „untypische persönliche Element“ betrifft natürlich nur jene Teile der Individualität, die dem Universellen entzogen sind, wie Geschlecht, Status, Meinung etc., nicht aber die erfahrungsgesättigte individuelle Perspektive und die Metareflexion.
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Ja, Picasso und Dalí im Rousseau-Stil, sehr schön – und feine Ironie. 😉
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