Offensichtlich

Immer dann, wenn wir uns selbst nicht wirklich trauen, benutzen wir Modalwörter. So wird das Wort »offensichlich« gern verwendet, wenn wir unsrer Meinung nicht ganz sicher sind, aber sie dennoch, in manipulativer Absicht, anderen unterjubeln wollen, damit wir mit dieser Meinung nicht mehr allein sind und so vom Selbstzweifel wenn nicht verschont bleiben, so doch wenigstens etwas entlastet werden, denn was andere ähnlich sehen wie wir, so glauben wir, kann nicht ganz falsch sein. Ein riesiges Arbeitsfeld für Sprechakttheoretiker und Psycholinguisten.

Wenn das Modalwort »offensichtlich«, ein Hypothesenindikator, attributiv benutzt wird, um eine Tatsache, einen Gegenstand, einen Zustand oder eine Haltung zu charakterisieren, dann ist es entweder tautologisch (das Offensichtliche muß wegen seiner Offensichtlichkeit nicht noch als solches bezeichnet werden – das Gras ist offensichtlich grün, sagt niemand), oder es ist ein Versuch, den hypothetischen Charakter einer Aussage dadurch zu vertuschen, daß man sie mit einem appellativen Unterton versieht.

»Offensichtlich« heißt: Sieht doch jeder so, mußt du auch so sehen. Solltest du es anders sehen, stimmt etwas mit deiner Optik nicht.

Und dann setzt man sich, einigermaßen beruhigt, hin und putzt die verkratzten Linsen.

2 Antworten auf „Offensichtlich

  1. Ich muss zugeben, dass ich dieses Wort (und andere Modalwörter) ziemlich oft benutze. Warum? Na, ich bin unsicher. In der deutschen Sprache noch mehr als in meiner Muttersprache (Tschechisch). Aber je mehr ich das übe, je mehr ich mich bemühe, desto einfacher es ist, auch die Sorgen hinter mir zu lassen. 🙂

    Liebe Grüße, Vlasta | Mein Blog

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