Idiographische Luftsemantik

Ganz selbstverständlich gehen wir davon aus, daß wir verstehen, was ein Satz bedeutet, den wir hören oder lesen. Dabei blasen wir stillschweigend jedes Wort – wie einen Luftballon mit Gas aus der Flasche – mit konventionellen Bedeutungen auf und fügen zudem unsere individuellen Vorstellungen hinzu, und diese sind häufig nicht im entferntesten vergleichbar mit Edelgasen.

Wir schaffen es, einem Satz, ja einem einzigen Wort eine ganze Weltanschaung, nämlich die, die sich in unseren Köpfen geformt hat – oder die ihnen eingeblasen wurde –, unterzubringen. Als wäre nicht jedes Wort ebenso ein Mysterium wie der Mensch, der es zu verstehen glaubt – und mit ihm das, was mit diesem Wort bezeichnet wird.

Manchmal, wenn einer unseren Weg kreuzt, der eine kleine Nadel in der Tasche hat und mit ihr, vielleicht nur zum Scherz, ein wenig spielt, macht es plopp, plopp, und wir stehen inmitten von Luftballonfetzen. Wenig später, wenn wir es aufgegeben haben, die kläglichen Reste zusammenzuflicken, beginnt das Aufblasen  neuer Ballons.