Die mittlere bis späte Adoleszenz ist eine spannende, aber auch unangenehme Zeit für viele Jugendliche. Hauptursache ihrer Probleme sind nicht selten die Eltern, besonders die alleinerziehenden. Diese reden sich mit Erfolg ein, ihre Kinder seien außerordentlich schwierig und man müsse sie deshalb erzieherisch auf einen rechten Weg bringen (auf dem man oft selbst nie angekommen ist). Dabei sind die Ursachen der beklagten Übel darin zu suchen, daß die Eltern ein wenig spät dran sind mit ihrer erzieherischen Aktivität und außerdem oft heillos überfordert mit sich selbst: eigenen spätpubertären Anwandlungen, beginnender oder sich bereits der Vollform nähernder Midlife-crisis, Torschlußpanik, Erfolgszwängen und was sonst noch an Damoklesschwertern über ihnen schweben mag. Da kommt der nervige Jugendliche gerade recht, um in die Rolle des Sündenbocks gedrängt zu werden. Und wehe, er spielt nicht mit bei dem Projektionsritual, das daraus entsteht, und durchschaut das Ganze womöglich. Das kann zu Renitenz auf beiden Seiten führen.
Zwischenweltler schreibt am 14.12.2009 um 16:58 Uhr:
Deshalb klappt die Erziehung mit einer Generation Lücke oft viel besser.
Sprich: Die Kinder und Jugendlichen sind eher bereit von ihren Großeltern eine Lehre anzunehmen als von ihren Eltern. Eben weil die Großeltern dem Alter, wo sich viele selbst im Wege stehen, bereits entwachsen sind und somit nicht nur gelassener sondern auch glaubwürdiger auftreten.
leo14 schreibt am 14.12.2009 um 17:02 Uhr:
es heißt doch auch (von der Pubertät, glaub ich – passt aber auch auf die Adoleszenz …):
Pubertät ist, wenn die Eltern schwierig werden!
Gruß
leo
Lyriost schreibt am 15.12.2009 um 09:50 Uhr:
Den Großeltern ist ja inzwischen klargeworden, was sie selbst bei ihren Kindern so alles verbockt haben, und diese Einsicht verhilft den Enkeln zu größerem großelterlichen Verständnis.
Grüße an euch beide.
Ly
leo14 schreibt am 17.12.2009 um 19:58 Uhr:
manche werden nie erwachsen …
🙂
leo
Lyriost schreibt am 17.12.2009 um 21:31 Uhr:
… was in mancher Hinsicht auch sein Gutes hat. 😉
Unbreakable schreibt am 18.12.2009 um 11:22 Uhr:
Das mit den Alleinerziehnenden ist aber eine garstige, empörungswürdige (schönes Wort ö.ö) Verallgemeinerung!
Lyriost schreibt am 18.12.2009 um 12:52 Uhr:
Das mit den Alleinerziehenden ergibt sich logisch aus der Tatsache des Alleinerziehens: Man muß allein leisten, was sonst zwei tun, Torschlußpanik ist bei Paaren eher seltener, und auch Schwierigkeiten mit für die Jugendlichen fremden Personen im gemeinsamen Haushalt sind bei nicht allein Erziehenden weniger häufig anzutreffen, um es mal vorsichtig zu formulieren. Allein erziehen ist für keinen der Beteiligten eine tolle Sache, am wenigsten für die, die solcherart Erziehung ausgesetzt sind und sich womöglich noch der Einmischung Fremder in ihre Angelegenheiten erwehren müssen.
Unbreakable schreibt am 18.12.2009 um 16:42 Uhr:
Lieber Lyriost, ich gehe jetzt einfach einmal davon aus, dass du dich auf einen dir bekannten Einzelfall beziehst. Als Alleinerziehende (inzwischen a.D.) kenne ich genügend Paare, die weder in der Lage sind, ihre Kinder zu erziehen, noch sie nicht zu erziehen, und wehre mich vehement gegen das Klischee, dass gerade allein erziehende Mütter ungeeignet sind, Kinder (richtig) zu erziehen. Mir stehen die Haare zu Berge, wenn ich so was lese ;o). Außerdem solltest du (öhm ;o) ) als Vater wissen, dass man nicht seine Kinder erzieht sondern umgekehrt. ;o)
Und wenn du genau hinschaust, ist die Torschlusspanik bei Paaren oft größer als die bei Alleinstehenden (-erziehenden) – bei denen nennt man das dann aber Klimakterium bzw. midlife crisis.
Lyriost schreibt am 18.12.2009 um 19:55 Uhr:
Liebe Unbreakable, ohne jetzt allzuweit auszuholen: Ich gehe nicht von einem Einzelfall aus, bin jedoch kein Soziologe oder Kinderpsychologe, der nun statistische Daten liefern könnte oder summarische Fallbeispiele. Das muß auch nicht sein, denn erstens habe ich nicht von spezifischen Problemen Alleinerziehender geschrieben, sondern eine allgemeine Feststellung getroffen mit dem Hinweis, daß diese allgemeinen Probleme bei Alleinerziehenden besonders auftreten. Du kennst, wie du schreibst, „genügend Paare, die weder in der Lage sind …“ usw. Ich auch. Ich kenne aber auch genügend Alleinerziehende, die weder in der Lage sind usw. Und davon noch mehr als bei den nicht allein Erziehenden. Ich kenne auch ein paar Alleinerziehende, die das ganz gut machen, vor allem die, die begriffen haben, daß ein Kind BEIDE Elternteile braucht. Und ich kenne recht viele Paare, die ihre Kinder vernünftig behandeln.
Ich gehe von meinen Erfahrungen aus und von dem Umfeld, in dem ich mich bewege. Du von deinen Erfahrungen und von deinem Umfeld. Das muß nicht deckungsgleich sein. Ich selbst bin als Kind in einer Paarbeziehung aufgewachsen, habe mich an der Erziehung (was für mich vor allem Wertevermittlung ist) meiner Tochter so gut beteiligt, wie das zugelassen wurde, vom Gesetzgeber und der „alleinerziehenden“ Mutter, und war auch schon in der Position des Fremden, der „sich einmischt“, (einmischen mußte), so daß ich mir insgesamt ein recht gutes Bild machen konnte von dem, über das ich schrieb. Von Klischees bin ich also weit entfernt. Natürlich auch von dem unsinnigen Klischee, das bei Alleinerziehenden weit verbreitet ist, die Kinder könnten gut auf den anderen Elternteil verzichten, ohne Schaden zu nehmen.
Liebe Grüße
Lyriost
Unbreakable schreibt am 18.12.2009 um 21:53 Uhr:
Lieber Lyriost,
selbst wenn unsere Erfahrungen und unser Umfeld deckungsgleich wären, so wären wir immer noch zwei verschiedene Menschen, die Erfahrungen und Umfeld verschieden aufnehmen würden. Erziehung findet m.E. größtenteils durch Vorleben statt. Auch ich bin in einer Paarbeziehung groß (nun ja …) geworden und wollte das für mein Kind auch, was aber getrennt dann wesentlich besser lief als als Paar. Wie viele Paare machen ihren Kindern das Leben zur Hölle, weil sie glauben, wegen der Kinder zusammen bleiben zu müssen. Wenn Eltern nicht begreifen, dass ihre Kinder kein Eigentum sind sondern Menschen mit einem eigenen Willen, einem schon vorhandenen Charakter bereits ab Säuglingsalter, dann kommt es zu den von dir geschilderten Konfliktsituationen bzw. Problemen. Das Übel setzt also längst vor der Trennung, wenn es denn zu einer solchen kommt, an und macht die Kinder zum Spielball. Kommt es nicht zur Trennung, fällt das nur nicht so auf – dem Umfeld schon gar nicht. Das ist wahrscheinlich ein ebenso familiäres, wie gesellschaftliches Problem. – An dieser Stelle zitiere ich normalerweise gern aus „Der Prophet“ von Khalil Gibran. Tu ich jetzt aber nicht. :o)
Liebe Grüße
Unbreakable
Lyriost schreibt am 19.12.2009 um 10:47 Uhr:
Wie man sieht, haben wir, was Jugendliche und Kinder betrifft, trotz unterschiedlicher Erfahrungen ganz ähnliche Ansichten. Das ist schön.
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