Klare Sprache

Wenn man genug in Mülltonnen nach den Perlen gekramt hat, die so manche Herren Philosophen zu ihrer Belustigung und zur Abgrenzung vom gemeinen Volk hineingeworfen haben, merkt man irgendwann, daß diese Suche nicht nur schmutzige Hände macht, sondern auch Lebenszeit kostet. Deshalb ziehe ich heute die Denker mit der klaren Sprache entschieden vor.

Eine Antwort auf „Klare Sprache

  1. Zwischenweltler schreibt am 20.11.2009 um 09:26 Uhr:
    Ich hatte vor einiger Zeit die Gelegenheit, einen Quantenphysiker a.D. kennenzulernen. Er versuchte mir einen verbalen Bogen zwischen den neuesten physikalischen Forschungsergebnissen und dem damit verbundenen Wandel seiner Philosophie zu zeichnen. Dabei kam ich zu der Erkenntnis, daß offenbar viele kluge Denker am Medium Sprache scheitern, wenn sie versuchen, ihre Gedanken, Ideen und ihr Wissen zu vermitteln. An mangelndem Bemühen um eine klare Sprache hat es bei ihm jedenfalls nicht gelegen. Vielmehr scheint mir, die Sprache selbst stößt zunehmend an ihre Grenzen. Sie hält nicht immer Schritt mit der rasanten Entwicklung der Erkenntnisse.
    Eigentlich ist das sehr schade, denn dadurch entgeht uns u.U. Wissen, nur weil es keinen sprachlichen Ausdruck findet.

    Lyriost schreibt am 20.11.2009 um 09:49 Uhr:
    Auch und gerade bei den Naturwissenschaften und ihrer modellierten Wirklichkeit wird deutlich, daß alle Modelle tatsächlich nur symbolische sind, so wie die Sprache, deren wir uns bedienen, um unsere Gedanken mehr oder weniger künstlerisch abzubilden, nur ein unscharfes symbolisches Abbild sind. Wenn beides zusammenkommt, entsteht ein so dichter Symbolnebel, daß wir nur noch Schritt fahren dürfen, wenn wir überhaupt etwas anderes als Schwaden zu sehen bekommen wollen. „Seltsam, im Nebel zu wandern …“

    Zwischenweltler schreibt am 20.11.2009 um 10:06 Uhr:
    Schritt fahren… so ist es. Mir persönlich tut diese Langsamkeit eher gut. Ich mag den Nebel. Andere fühlen sich davon eingeschränkt.

    Mich überkommt jedoch immer wieder die Idee, daß das menschliche Streben nach Klarheit und Definition im Widerspruch zum wahren Wesen der Natur liegen könnte. Vielleicht ist das Grundprinzip des Universums ja gerade die nebelige Unschärfe. Insofern wäre die Unschärfe in unserer sprachlichen Ausdrucksweise sogar viel natürlicher als der Versuch, die Natur in Regeln und Gesetze zu pressen.
    Und hieße das nicht auch, daß die Kunst der Wissenschaft auf Dauer überlegen wäre, eben weil sie natürlicher ist?

    Lyriost schreibt am 20.11.2009 um 10:42 Uhr:
    Die schöpferische Natur weiß nichts von ihrem wahren Wesen, aber es könnte sein, daß sie es wissen möchte und deshalb das menschliche Bewußtsein hervorgebracht hat mit dem Auftrag, dieses Wesen zu ergründen. Damit wäre auch die Wissenschaft, die selbst nichts schafft, sondern nur interpretiert, etwas Natürliches, eben die Selbstreflexion, Selbstinterpretation der Natur. Und auch die Kunst ist, auf dieser Betrachtungsebene, ganz Natur, nämlich Ausdruck und nachahmende Anwendung des schöpferischen Prinzips. Und nebenbei eine andere, spielerische Form der Selbstinterpretation der Natur.

    zartgewebt schreibt am 20.11.2009 um 11:05 Uhr:
    Hach, gerade wollte ich einwerfen, dass ich nur BAHNHOF verstehe,
    von dem, was ihr zwei mit euren Worten vermitteln wollt.

    Beim letzten Kommentar jedoch (Nr. 4), da bin ich „ganz bei dir“ Lyriost.
    Da tut sich mir ein altbekanntes Bild auf 😉

    Zwischenweltler schreibt am 20.11.2009 um 11:11 Uhr:
    So sehe ich das auch. Und wenn ich mir so den „Spieltrieb“ und die Selbstverliebtheit (hier ohne negative Wertung) einiger Wissenschaftler so anschaue, könnte man feststellen, daß Kunst und Wissenschaft oft gar nicht so weit auseinander liegen. 😉

    Sicher weiß die schöpferische Natur nichts von ihrem wahren Wesen – nicht nach menschlichem Ermessen – aber sie folgt ihm unbeirrbar.
    Nach meinem, zugegeben beschränktem Weltblick, liegt ein bedeutendes Wesensmerkmal der Natur wohl auch darin, sich dem menschlichem Verstand dauerhaft zu entziehen. Das heißt, auch die Wissenschaft lebt eher vom Weg (der Forschung) als vom Ziel (der absoluten Erkenntnis).

    Es gibt da übrigens ein interessantes Paradoxon:
    Die Quantenphysik versucht die Unschärfe der Materie mit scharfen wissenschaftlichen Methoden zu beschreiben.

    Lyriost schreibt am 20.11.2009 um 11:48 Uhr:
    Das erinnert mich an die Paradoxie des Spülens vor der Einführung der Spülmaschine: Wenn man schmutziges Geschirr in schmutzigem Wasser eine Weile mit einem schmutzigen Lappen rieb, schien es sauberer und sauberer zu werden. Und am Ende, nach dem Abtrocknen mit einem schmutzigen Geschirrhandtuch, glänzte es.

    Zwischenweltler schreibt am 20.11.2009 um 12:07 Uhr:
    So funktioniert die Welt nun mal. :)))
    Die Natur stört sich nicht an Paradoxa.

    Gretchen schreibt am 20.11.2009 um 17:13 Uhr:
    Hallo Lyriost und Zwischenweltler, lese begeistert mit, .. danke.

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