Diogenes und die Würde

Diogenes von Sinope, der »verrückte Sokrates«, wie Platon ihn genannt haben soll, stand auf dem Marktplatz und onanierte. Einige der Vorbeikommenden lachten, andere waren erzürnt und warfen ihm böse Blicke zu. Einer rief: »Du bist würdelos«, und trat so heftig nach Diogenes, daß der umfiel. 

»Warum versuchst du, mich meiner Würde zu berauben, indem du nach mir trittst«, fragte der Philosoph. «Willst du dich dafür rächen, daß die Konventionen dir deine Würde streitig machen? Da hast du mit mir den Falschen erwischt. Ich scheiß auf die Konventionen. So wahre ich meine Würde, die in meiner Unabhängigkeit besteht.«

Und als der andere nichts sagte, sondern ihn nur unvermindert feindselig anschaute, fügte Diogenes hinzu: »Ist es nicht des Menschen unwürdig, sich zu verstecken und heimlich dem Ruf der Natur zu folgen, in Abgeschiedenheit, durchdrungen von falscher Scham, seine Bedürfnisse zu befriedigen?« Dann rollte sich Diogenes in eine Decke und sagte: »Nun verschwinde, ich möchte ein wenig ruhen. Und wenn du nachgedacht hast über meine Worte, darfst du mich gerne wecken. Ich werde dir zuhören, und wir können über alles reden.«

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