Jedem Glauben liegt das Streben nach einem Gefühl der Geborgenheit zugrunde, und der Verzicht auf beständige Glaubensinhalte ist ein Sich-Schicken ins Ungeborgene, ein Sprung in die Leere, der durchaus Mut erfordert, der aber notwendig ist, um das Sehen zu lernen. Sonst sehen wir nur, was andere uns zeigen, und übersehen die Löcher in den Glaubensdecken, die uns andere gereicht haben und die wir uns umhängen – voller Verwunderung, daß es so etwas gibt, und voller böser Vorahnung, daß die fremden Decken uns nicht dauerhaft erwärmen werden.
Und wenn uns das überfordert, was wir durch die eigenen Augen zu sehen bekommen, können wir jederzeit wieder unter eine der Glaubensdecken kriechen, so wir dann noch eine finden, die keine Löcher hat.
Anais schreibt am 09.02.2009 um 13:07 Uhr:
Das ist wohl wahr.
Wenn man die innere Mitte gefunden hat, also in sich selbst ruht, fällt es nicht schwer, auf den Glauben zu verzichten.
Gerät das innere Gebilde in Schräglage, wie schnell ist man da mit einem Gebet zur Hand um dann festzustellen, dass kein Trost zu finden ist.
Unbreakable schreibt am 09.02.2009 um 13:29 Uhr:
Das würde ich nicht auf den Glauben im Sinne der Religionen beschränken. Man kann sich auch das (poröse) Mäntelchen einer Ideologie pp. umhängen – oder gar das eines einzelnen Menschen.
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Lyriost schreibt am 09.02.2009 um 13:34 Uhr:
… wobei dieser einzelne Mensch durchaus auch man selbst, das eigene Ego, sein kann. Auch das gilt es zu bedenken.
Unbreakable schreibt am 09.02.2009 um 13:38 Uhr:
Durchaus, Lyriost, durchaus – und dann ist man blind als wie zuvor.
Lyriost schreibt am 09.02.2009 um 13:44 Uhr:
Goethe sagt das ja sehr schön:
Habe nun, ach! Philosophie,
Juristerei und Medizin,
Und leider auch Theologie
Durchaus studiert, mit heißem Bemühn.
Da steh ich nun, ich armer Tor!
Und bin so klug als wie zuvor;
Heiße Magister, heiße Doktor gar
Und ziehe schon an die zehen Jahr
Herauf, herab und quer und krumm
Meine Schüler an der Nase herum –
Und sehe, daß wir nichts wissen können!
Das will mir schier das Herz verbrennen.
Zwar bin ich gescheiter als all die Laffen,
Doktoren, Magister, Schreiber und Pfaffen;
Mich plagen keine Skrupel noch Zweifel,
Fürchte mich weder vor Hölle noch Teufel –
Dafür ist mir auch alle Freud entrissen,
Bilde mir nicht ein, was Rechts zu wissen,
Bilde mir nicht ein, ich könnte was lehren,
Die Menschen zu bessern und zu bekehren.
Auch hab ich weder Gut noch Geld,
Noch Ehr und Herrlichkeit der Welt;
Es möchte kein Hund so länger leben!
Drum hab ich mich der Magie ergeben … 😉
Shadoweyes schreibt am 09.02.2009 um 16:34 Uhr:
@unbreakable…Wenn man also an sich selber glaubt ist man blinder als wie zuvor? Das Mäntelchen einer Ideologie oder einer anderen Person führen nicht dazu? Hm..ich frag mal ganz blöd^^
Lyriost schreibt am 09.02.2009 um 17:19 Uhr:
Shadoweyes: „… sein KANN.“ Nicht „ist“. Man muß auch bei sich selbst gut hinschauen. 😉
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Shadoweyes schreibt am 09.02.2009 um 20:08 Uhr:
Naja, sie schrieb“ist“….grins.
Lyriost schreibt am 09.02.2009 um 20:39 Uhr:
Also ich hab das so verstanden: Ich schrieb: „sein kann“. Sie darauf: „durchaus“ (sein kann). Und dann, wenn …, ist man blind. Aber ob man für sich selbst blind ist, das erfährt man nur durch genaues Hinschauen, sehr genaues, denn das Ego läßt sich nicht so gern in die Karten schauen. Wenn man das nicht bemerkt, weil man für sich selbst blind ist, dann bleibt man es auch: blind. Ganz allein kommt man dann da wohl nicht raus. Gitterstäbe. :-)))))))))
Unbreakable schreibt am 09.02.2009 um 20:41 Uhr:
Shadoweyes … das fällt unter: „Ich lese nur, was ich lesen will“. (Frag bitte nicht, woher ich das weiß.) ;o)
Goethe im Faust als Gefangener seiner selbst. War seine „Sinnfindung“ ein tragisches Ende oder das einzig mögliche? Kann der Mensch ohne Glaubensdecke existieren? Der eine mit mehr, der andere mit weniger Löchern?
Zum Augenblicke dürft’ ich sagen:
Verweile doch, du bist so schön!
Ich sollte mich auch mal der Magie zuwenden – nicht ergeben, denn wo man dann landet, wissen wir ja. ;o)
Unbreakable schreibt am 09.02.2009 um 23:25 Uhr:
So hab ich das auch verstanden, Lyriost.
Wer schaut seinem Ego schon gern in die Karten? Was wir da oft finden, ist das, was wir an anderen kritisieren.
Shadoweyes schreibt am 10.02.2009 um 18:29 Uhr:
^^@unbreakable ..ich frag nicht. Ich mache wohl den Eindruck, das ich lese was ich lesen will. Dazu sage ich mal lapidar,ich brauche etwas Zeit, um umzusetzen,was ich lese. Und manchmal bin ich zu früh mit meinen Fragen^^
Ich habe mir das Ganze mit etwas Abstand nun noch mal „erlesen“(haha) und habe keine Fragen mehr.
tierenUnbreakable schreibt am 10.02.2009 um 20:40 Uhr:
Dazu, Shadow, sag ich mal lapidar: nur weil man es in andere Worte fasst, ändert sich die Bedeutung nicht. ;o))
Ich schau meinem Ego schon mal in die Karten. ;o)
Shadoweyes schreibt am 10.02.2009 um 21:11 Uhr:
Wie gesagt, es ist das sinnerfassende, was bei mir manchmal braucht…. ich bemerke die Bedeutung dann auch manchmal erst , wenn es andere Worte sind. Eine kombination aus mehreren ergibt bei mir oft erst den Sinn/Bedeutung. So bin ich halt.
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