Marx

Es kommt oft vor, daß einer ein guter Diagnostiker ist, aber ein schlechter Therapeut.

Marx’ politökonomische Diagnose des Kapitalismus hat nach wie vor Gültigkeit, nach der richtigen Pille muß aber noch geforscht werden. Möglicherweise gibt es keine, und wir müssen mit dem Kapitalismus leben, da der eigennützige Mensch nun einmal ist, wie er ist, und weil die materialistische Grundannahme, das gesellschaftliche Sein bestimme das Bewußtsein, falsch oder zumindest viel zu simpel gedacht ist. Als Philosoph hat mich Marx mit seiner umgekehrten Hegelei nie überzeugt.

Bemerkenswert finde ich, daß Marx entgegen dem engstirnigen nationalistischen Denken seiner Zeit bereits damals den Trend zur Globalisierung wahrgenommen hat. Außerdem von Bedeutung und nach wie vor wichtig: die Anwendung des philosophischen Begriffs »Entfremdung« auf die Arbeitsprozesse.

Daß überall auf der Welt kleingeistige Hampels versucht haben, sich mit Hilfe verführter Massen aus Marxens Theorie ein die Bourgeoisie nachäffendes Funktionärsschlaraffenland zu basteln, spricht nicht gegen die diagnostische Qualität der Theorie, sondern zeigt uns, daß in jeder Theorie, besonders der systematischen, die leicht zur Dogmatik verkommt, der Mißbrauch schlummert, weil der Mensch, s.o., eben so ist, wie er ist: auf seinen Vorteil bedacht.

Marx als Mensch war wohl, wie man hört, auch nicht gerade ein vorbildlicher Charakter. Aber wer ist das schon.

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