Von Menschen und Mäusen

»Es gibt sehr wenige Menschen in der Welt.« Das schrieb einer, der sich für einen »erwachten« Menschen hält. Eine Leuchte, die anderen, lebend »in dunklen Löchern«, den Weg zum ewigen Licht weisen will und Tag für Tag mit wortreichem Pathos, das sich in die grandiosesten Verzückungen steigert, über die Notwendigkeit des Schweigens parliert.

Er befindet: »Es gibt sehr wenige Menschen in der Welt.« Was sagt das? Das heißt nichts anderes, als daß der, der solches schreibt, der Mehrheit, der übergroßen Mehrheit, das Recht abspricht, sich als Menschen zu bezeichnen. Sie sind minderwertig. Nur ein paar, vermutlich er und seine sektiererischen Freunde, haben demnach das Recht, sich als Menschen zu bezeichnen.

Die anderen sind: Mäuse. (»Es gibt Millionen von Mäusen, aber keine Menschen.«)
Lassen wir die Logik beiseite, die es nicht erlaubt, gleichzeitig zu behaupten, es gäbe „sehr wenige“ und „keine“ Menschen, kommt uns eine derartige Tiermetaphorik nicht bekannt vor? Gab es da nicht mal eine arische Ratte (um bei der vorgegebenen Metaphorik zu bleiben), die in solchen Bildern schwelgte, was zur Folge hatte, daß Millionen von Menschen in wertes und unwertes Leben kategorisiert, an Rampen selektiert und anschließend wie Ungeziefer vernichtet wurden? 

Von der Charakterisierung der Mitmenschen als Mäuse ist es nur ein kurzer Weg zum »Mausgift kaufen«, wie es Bernhard Minetti in einem Theaterstück von Thomas Bernhard so unvergleichlich sagt.

Eine Antwort auf „Von Menschen und Mäusen

  1. vonWegen schreibt am 25.07.2007 um 00:39 Uhr:
    Na, das ist ja immer noch bescheidener in seinem Anspruch als der, den Nietzsche in „Also sprach Zarathustra“ erhob. Auch wenn es nicht leicht fällt, aber wäre es nicht denkbar, den Begriff „Mensch“ aufgrund seiner zum Teil erbärmlichen Erscheinung als unbewusstes und boshaftes Wesen als ein noch zu erreichendes Ideal zu definieren? Also als etwas, was wir anstreben könnten – als ein bewusstes und gutes Wesen?

    Lyriost schreibt am 25.07.2007 um 08:52 Uhr:
    Was Nietzsche betrifft: Große Menschen dürfen auch mal große Töne spucken. Und bei der Definition des Begriffs „Mensch“ kommt es natürlich darauf an, wer das ist, der da definiert. Der Mensch ist das, was er ist. Das ist weniger als wünschenswert, aber immer noch viel mehr, als die meisten Mäuseprediger dieser Welt in ihren verzückten Übermenschenphantasien, die vor allem Ausdruck verfehlter und selbstgefälliger Selbstanalysen sind, begreifen können.

    snufkyn_blues schreibt am 04.08.2007 um 00:42 Uhr:
    „of mice and men“
    grosse menschen, deren grosse hände, klein der verstand dieser grossen, klein die schutzlosen mäuse.

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