Nichts nützt das Lesen
ohne das Werfen von Schein
ins Nebelwehen
ist nur Stochern mit Gabeln
in den Buchstabensuppen
Nichts nützt das Lesen
ohne das Werfen von Schein
ins Nebelwehen
ist nur Stochern mit Gabeln
in den Buchstabensuppen
Ganz beliebt als Argumentersatz ist die Behauptung, der andere halte sich für besonders schlau oder gar allwissend, auch wenn er nur ein halbwegs brauchbares Argument in die Debatte geworfen und damit ein weniger brauchbares in Frage gestellt hat. Solche Unterstellungen sollen von der minderen Qualität der eigenen Behauptungen ablenken und den Fokus der Betrachtung auf den andern verschieben.
Aber nicht einmal der postulierte Gott glaubt an die Allwissenheit seiner eigenen Person. Es sind immer die Menschen, die das in ihn hineininterpretieren, mit welcher Absicht auch immer.
Seit Sokrates wissen die Menschen, die sich mit der qualifizierten Einschätzung des eigenen Wissens Mühe machen, wie es um ihr Wissen bestellt ist, und betrachten die eigene Erkenntnisfähigkeit mit einer gewissen Ironie. Aber es gibt heute immer noch, wie schon in der Antike, massenhaft solche, die glauben, sie wüßten … Sokrates hat die Selbstgefälligkeit seiner Umgebung gestört und wurde verurteilt, weil er lehrte, daß die Vermehrung des Wissens nur denen weh tut, deren Ignoranz und Selbstüberschätzung dadurch beeinträchtigt wird. Wir sind heute nicht wesentlich weiter als zu Zeiten des Sokrates, nur das Trinken von Schierlingsbechern ist aus der Mode.
Wer etwas »bei Licht betrachten« will, muß eine Lichtquelle haben und den Mut, das Licht einzuschalten. Das wird jedoch gern vermieden, weil bei Licht betrachtet nicht nur das sichtbar wird, was man sehen möchte, sondern auch das, was man nicht sehen möchte. Deshalb wird gern diese Worthülse ins Licht gestellt, aber betrachtet wird nichts, wenn überhaupt, wird lieber im dunkeln getastet. Bei Licht betrachtet, ist »bei Licht betrachtet« nur eine Laberfloskel.
Nichts Schlimmes finde ich dabei, daß manche Intellektuelle und vor allem Intellektuellendarsteller kein Interesse am Fußball haben; unangenehm berührt mich nur immer wieder aufs neue, mit welchem weitschweifigen Kokettiergehabe sie ihre Ahnungs- und Interesselosigkeit breitwalzen und angewidert spöttisch sein sollende Bemerkungen aus ihrer angespannten Gesichtsmuskulatur entlassen, wenn sie mit dem »Proll«-Sport konfrontiert werden.
Erfreulicherweise nimmt die Zahl der tatsächlichen Intellektuellen, die solcherart Vergeistigungsnachweise nötig zu haben glauben, seit Jahren ab.
Es gibt zwei Gründe, warum die Deutschen so dick sind. Der eine Grund ist Bildungshunger und der andere Wissensdurst. Und damit man den Leuten die Bildung und das Wissen auch ansieht, essen sie viel Currywurst und Saumagen und trinken ordentlich Bier und Korn. Oder Korn und Bier. Locker bilden sich so die Fettrollen, und das Wissen und die Leber leuchten von innen. Wer dick ist, braucht nicht dicketun. Das überläßt man den Dünnen. Das und den trockenen Humor.
Die holländische Mannschaft hatte die Richtung vorgegeben, und die portugiesische Mannschaft hat mitgemacht: Treten ist Trumpf. Zum Spucken war’s diesmal zu warm. Bei so was bleibt einem die Spucke weg.
Der RTL-Kommentator, den Namen muß man sich nicht merken, über die ecuadorianische Mannschaft: „Ich will nicht sagen, daß sie gut spielen. Aber sie machen das, was sie können, und das machen sie wirklich gut.“ Vorher hatte er schon gesagt: „Das wird ein schweres Stück Arbeit für die Engländer.“ Wieso nur für die Engländer, fragt man sich. „Die Engländer müssen, die Englander sollten …“ Wirklich alles andere als eine neutrale Pespektive des Kommentators. Ich will nicht sagen, daß er schlecht kommentiert. Aber er macht das, was er kann, und das macht er wirklich schlecht.
Von weiteren Kommentaren kann ich nicht berichten, denn ich bin bald nach Beginn der zweiten Halbzeit eingeschlafen, vielleicht weil ich erschöpft war von der Rasse des Spiels (und des Kommentars).
2006
Auch im Vatikan
ionische Säulenkunst
Karyatiden
von den Frauen getragen
der päpstliche Männerbund
Jeder betrachtet täglich unzählige Male seinen Körper vor dem Spiegel. Und seinen Kopf. Frauen öfter als Männer zwar. Aber jeder in unserer Spiegelgesellschaft tut das. Wie ist das mit den Haaren? Aha, neue Fältchen! Ein Pickel. Mehrmals täglich findet eine Inspektion statt, mal kritischer, mal weniger kritisch. Und ob wir nun zufrieden sind mit dem, was wir da sehen, oder ob es uns niederdrückt: Wir neigen dazu, dem Spiegel zu glauben, wenn er uns auf den Kopf zusagt: Du bist nicht die Schönste im ganzen Land. Manchmal werden wir zwar kurz grün und gelb vor Neid, aber das gibt sich rasch. Wir machen etwas auf Diät, kaufen ein neues Kleid und gehen zum Friseur. Und schon ist die Gesichtsfarbe für eine Weile wieder normal.
Was aber ist mit unserem geistigen Spiegelbild? Verhalten wir uns da nicht eher wie Schneewittchens Stiefmutter und versuchen mit aller Macht und Tücke, nicht nur unser verschwommenes Denken als klar auszugeben und aufrechtzuerhalten, sondern beginnen rasch, wenn kein Jäger zur Hand ist, mit der Herstellung von Schnürriemen und dem Präparieren von Kämmen und Äpfeln? Curare für Bibliothekare. Und daß wir erst mal versuchen, alle erreichbaren Spiegel zu zerschlagen, die uns unser Selbstbild nicht bestätigen, das versteht sich von selbst.
Fetische aller Art können dem, der mit ihnen umgeht, viel Freude bereiten. Freude kommt bei der Benutzung von religiösen, aber noch mehr bei weltlichen Fetischen auf wie auch bei der Formulierung und Zurschaustellung von deren Ablehnung.
Dauerhaft ungetrübte Freude kann aber nur der spielerische Mensch empfinden, derjenige, der Fetische als Spielzeug betrachtet, das man augenzwinkernd aus der Kiste holt und wieder weglegt, so wie man das als Kind getan hat. Wer jedoch Fetische ernst nimmt und der Spiegelung des in sie hineininterpretierten zauberhaften Soges länger als einen Augenblick erliegt, vergessend, das man selbst der Urheber der Verzauberung ist, der gerät in eine selbstverschuldete Abhängigkeit, die ihm die Freiheit nimmt und damit den wirklichen Genuß. Aus dem Fetisch-Jongleur wird ein Fetischist, einer, dem beim Jonglieren die Freude fehlt, weil er ständig Furcht davor hat, daß ihm ein Fehler unterlaufen oder daß jemand ihm eines seiner Diabolos wegschnappen könnte.
Dasselbe gilt für diejenigen, die glauben, so erwachsen zu sein, daß sie über die Benutzung von Fetischen erhaben sind, und dieser Erhabenheit augenzwinkernd Ausdruck geben, indem sie sich über die Jongleure lustig machen und deren Infantilität spöttisch belächeln. Wenn sie ihre Ablehnung zu ernst nehmen (vielleicht auch weil sie in sich selbst Reste des potentiellen Spieltriebs spüren), wird diese leicht zum idiosynkratischen Reflex und nimmt ihnen die Freude am Spott. So werden aus ihnen Antifetischisten, deren Augenzwinkern einem feindseligen Starren Platz macht, das in der Folge Ursache von zunehmender Intoleranz und Verbitterung wird.
Das Malmen hört auf
sollst beim Essen nicht reden
das rohe Kieferknacken
wenn die Zeit der Zahn verläßt
wenn der Mund das Wort verliert
wenn der Zahn die Zeit verläßt
wenn das Wort den Mund verliert
Wenn Seiendes in der Illusion des Andersseins lebt, ändert das nichts an seinem Sein. Sein Sein kann nicht als Nichts-Sein bezeichnet werden. Es gibt auch keine Auflösung von Sein, sondern lediglich eine Metamorphose der Wahrnehmung. Das Sein bleibt unberührt. Der Mensch kommt zu der Erkenntnis, daß er als Essenz zu jeder Zeit existierte, daß er jetzt existiert und daß er immer existieren wird. Das Ganze existiert in seinen Teilen. Wie man das Ganze bezeichnet, ist Geschmackssache und völlig unerheblich. Die Bezeichnung ist niemals identisch mit dem Bezeichneten.
Die Vielfalt von Schlafmützigkeit und Wachheit spiegelt die Vielfalt wider, die in der Einheit steckt, und sowenig die Schlafmützigkeit das Universum in irgendeiner Weise berührt und verändert, sowenig tut dies die Wachheit. Kein Mensch bereichert das Universum, und keiner macht es wacher. Das Universum ist einfach, wie es ist. Alles andere ist bewertende Interpretation ohne Grundlage.
Wenn gesagt wird, das Ganze existiere, nicht die Teile, wie sollte dann ein „Teil des Universums träge, abgestumpft und tot“ sein? Es gibt doch gar keinen „Teil“. Und deshalb kann auch nichts erblühen, was nicht durch sich selber blüht.
Und was ist denn abgestumpft und was blühend? Es ist doch nichts weiter als beschränkte menschliche Moralduselei, wenn das Sein mit solchen wertenden Adjektiven belegt wird. Dem Universum ist eine Moralität eigen, so es denn überhaupt eine hat, die nichts mit der menschlichen gemein hat.
Warum sollte sich das Universum um die Wunschvorstellungen von irgendwelchen moralisierenden Menschen kümmern? Wenn wir Moralvorstellungen entwickeln und nach ihnen leben, dann sollte das geschehen, um uns und anderen dieses Leben leichter zu machen, aber nicht um einem wie auch immer gearteten Gott zu gefallen oder das Universum zu verbessern.
Nicht einmal Farbe
wenn graue Mäuse schimpfen
schon Weiß ist zu bunt
weil es nicht grau ist:
die weiße Maus zum Impfen
Kritik als Geschenk
Bei keiner Art Geschenke wird das Geschenkpapier so wichtig genommen wie beim Geschenk der Kritik. Meist wichtiger als das Geschenk, das in diesem Fall gern zusammen mit dem Papier weggeworfen wird. Doch wehe, es gibt keine Schleife. Ist eine dabei, ist sie oft das einzige, was vom Geschenk der Kritik überdauert.
Du weißt es besser
manche wissen es schlechter
beide beim Lernen
manche wissen es lächelnd
noch weißt du es nicht besser
Die beste Medizin gegen Besserwisser ist besseres Wissen. Und die Fähigkeit, es auszudrücken. Beides kann man erwerben, heute mehr denn je. Freilich ist es einfacher, den Besserwissenden einen Besserwisser zu schimpfen. Das ist schnell getan, und man kann sich des applaudierenden Publikums sicher sein, denn wer will sich schon den Mühen des Denkens und Argumentierens aussetzen, wenn er den vermeintlichen Sieg über den Andersdenkenden auch ohne Anstrengung haben kann?
Der Mensch ist im allgemeinen zwar von Natur aus neugierig, aber von einem gewissen Niveau der Bedürfnisbefriedigung an ebenso faul.
Der Bundespräsident Köhler wurde von einem gewissen Herrn Poß als »Besserwisser« gebrandmarkt. Nun weiß ich nicht, ob der Herr Poß besser Bescheid weiß als der Herr Köhler. Das tut aber auch nichts zur Sache, denn es ist kein nachvollziehbares und aussagekräftiges Argument, jemanden als Besserwisser zu bezeichnen, sondern nichts als laue Luft oder, auf der gleichen Ebene bleibend, ein kraftloses Idiotenargument.
Hätte Herr Poß gesagt, der Herr Köhler irre sich in der Sache, und begründet, warum sich der Herr Köhler irrt und welche Interessen die Verbreitung dieses Irrtums befeuerten, dann wäre das etwas anderes, und man könnte darüber reden. So aber ist das nichts weiter als ein Profilierungsversuch des einen auf Kosten des anderen.
Aber vielleicht weiß der Herr Poß es ja besser als der Herr Köhler. Dann soll er es sagen. Oder hat er vielleicht Angst, der Herr Köhler könne ihn als »Besserwisser« bezeichnen?
Was das Inhaltliche betrifft, ist ein gelungener Aphorismus so etwas wie ein prosaischer Vers. Kurz und vieldeutig.
Ein Meinungsopportunist ist jemand, dem etwas die ganze Zeit auf der Zunge liegt, der das aber erst dann sagt, wenn andre, günstigstenfalls solche mit wie immer gearteter Reputation, die dasselbe auf der Zunge liegen haben, es in Worte übersetzen. Häufig ist das Gesagte dann von der Art, daß man sich wünschte, sie hätten es lieber runtergeschluckt oder ins Klo gespuckt.
Der Meinungsopportunist braucht die Gruppe und Unterstützung »von oben«, um so zu tun, als wenn er mutig wäre.
Von innen nach außen und von außen nach innen. Texte und Fotos
Design your life.
This blog is a part of my inner world. Be careful to walk inside it.
Trennungstage
Kulturjournalist - Romancier - bipolarer Bedenkenträger
im Zwischenraum
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animal scribax Heidelberg
Politik, Literatur, Musik, Fußball
Faith saved us from the savages that we were, losing faith makes us savages again
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Cine y palabras
Blog do jornalista e professor Solon Saldanha
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