Manche Leute glauben, ihre Gedanken seien schneller als ihre Finger, und deshalb könnten sie ihre Meinung bisweilen nicht adäquat zu Papier oder auf den Monitor bringen. Aber bereits bei flüchtigem Hinsehen wird deutlich, daß ihre Finger schneller als ihre Gedanken sind.
Tag: 23. August 2018
Information
Information ändert so leicht nichts an unseren Vorlieben und Abneigungen, aber sie gibt uns die Möglichkeit, unsere Vorlieben und Abneigungen als idiographische zu erkennen und sie auf höherem Niveau zu kultivieren.
Blinde Suche
Wer blind sich
auf die
Suche macht
findet niemals
was er sucht
aber manchmal
sein Augenlicht.
Doch manchmal
auch nichts
Aufforderung
In den Archiven
blickgeschützt im Staubgewand
die Gedanken von morgen
kein mühsames Gegrabe
Archäologenpuste
Zeit
Die Zeit ist eine launische Frau, aber sie läuft uns nicht davon, wenn wir sie nicht vertreiben.
Spuren II
Ins Eis gebrannt
mit Strahlenstift
der Weg von gestern
Fußgesichter
Der neue Schnee
löscht alte Spuren
verschorfte Wunden
heilt er nicht
Realismus
Morgen der Morgen
erhebend weltwärtsgewandt
verlasse ich mich
Umgebung fußangelfrei
kühler Blick auf den Treibsand
Denken und Schreiben
Selbst zu denken hat auch ökonomische Vorteile beim Schreiben. Man braucht weniger Anführungszeichen und keine Fußnoten und sonstigen Quisquilien.
Zitieren
Bei manchen Menschen erschöpft sich das Eigene darin, daß sie falsch zitieren.
Wir selbst
»Das Fremde des Anderen«, das uns interessiert oder auch abstößt, ist vor allem ein (Wieder-)Erkennen unserer eigenen verdrängten Persönlichkeitsaspekte und kann dazu führen, zu begreifen, wie wir uns selber ständig einengen und auf weniger reduzieren, als wir sind. Und daß wir nicht nur die sind, die wir sein wollen oder sein sollen. Oder wollen sollen.
Wenn wir durch andere Anstöße erfahren, die unsere Sichtweise verändern, ist das nur eine innere Akzentverschiebung, aber keine Facettenerweiterung, denn wir können nichts sein, was wir nicht latent schon immer waren. Durch die Konfrontation mit anderen werden wir uns nur unserer Facetten bewußt. Und damit erweitert sich unser Horizont. Wenn es gutgeht. Aber meistens geht es nicht gut, denn wenn eine neue Facette unserer selbst in den Vordergrund tritt, tritt oft eine andere zurück, und häufig gerät sie, bis zur nächsten Erweckung, in Vergessenheit. In diesem Fall ist die erlebte Horizonterweiterung nur eine Horizontverschiebung. Unser Wunsch nach Einfachheit und Klarheit sorgt für die Reduktion unserer Persönlichkeit, Facettenbegrenzung.
Ob wir einfach sind oder nicht, hängt nicht von uns ab, sondern davon, wie wir uns selbst sehen und ob wir uns selbst sehen. Wir sind nicht einfach oder kompliziert. Wir sind.
Ob die Dinge einfach sind oder nicht, hängt nicht von den Dingen ab, sondern von unserer Betrachtungsweise. Die Dinge sind nicht einfach oder kompliziert. Sie sind.
Leidenschaftslos
Grau am Venenrand
die Asche der Traurigkeit
wenn das Herz dir nicht blutet
und Wörter rollen aus dir
wie gefiederte Steine
Variatio vice versa
Neulich schrieb ich, es gäbe Alkoholiker, für die man schon Antialkoholiker ist, wenn man kein Alkoholiker ist. Eine sehr einfache Denkweise. Aber umnebelte Gehirne seien eben weniger leistungsfähig.
Wie ich jüngst feststellen mußte, gibt es auch Antialkoholiker, für die man schon Alkoholiker ist, wenn man kein Antialkoholiker ist. Es gibt viele Arten von Nebel.